Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
CDKN2A/CDKN2B-Deletion
Prof. Dr. med. Walter J. Schulz-Schaeffer

Homozygote CDKN2A/CDKN2B-Deletion als high-grade Marker bei IDH-mutierten Astrozytomen

Bei astrozytären Gliomen galt die Isocitrat-Dehydrogenase-(IDH)-Mutation lange als wichtigster prognostischer Marker. Dennoch zeigen sich auch bei IDH-mutierten Astrozytomen (IDHmut) des WHO Grad 2 und Grad 3 immer wieder Fälle, die im Vergleich zur Mehrheit der Fälle eine verkürzte Überlebenszeit beziehungsweise ein progressionsfreies Intervall aufwiesen. Diese kürzeren, aggressiveren Verläufe korrelierten histologisch mit hohen Nekroseanteilen und auf molekulargenetischer Ebene mit homozygoten Verlusten des Chromosomenabschnittes 9p21. Auf diesem Abschnitt liegen unter anderem der CDKN2A- und CDKN2B-Lokus, der Cyclin-abhängige Kinaseinhibitoren kodiert (1). Die Proteine p16 und p14 (CDKN2A), sowie p15 (CDKN2B) bilden Komplexe mit CDK4 und/oder CDK6 und reguli

 

Aufgrund dieser zentralen Rolle ist es nicht verwunderlich, dass Mutationen und Deletionen eines oder beider Gene, in vielen unterschiedlichen Tumorentitäten beschrieben sind (4,5,6). Die homozygote, also beide Allele betreffende, CDKN2A/B-Codeletion tritt verhältnismäßig selten in niedriggradigen Astrozytomen auf (~ 10% bei WHO Grad 2 vs. ~30% bei WHO Grad 4; (7)). Da der prognostische Wert jedoch sehr hoch ist, sollte beim Vorliegen einer IDH1- bzw. IDH2-Mutation in (histologisch) niedriggradigen Astrozytomen dennoch erwogen werden, den Deletionsstatus zu bestimmen (7). Beim Nachweis einer homozygoten Deletion werden diese Tumore gemäß der aktualisierten WHO-Richtlinien von 2021 automatisch auf einen Grad 4 hochgestuft, bzw. muss in dessen Abwesenheit mindestens ein anderes Merkmal (Nekrose und/oder mikrovaskuläre Proliferation) zwingend gegeben sein für eine Grad 4- Diagnose (8).

 

Wir nutzen eine quantitative PCR um innerhalb weniger Tage den CDKN2A- und CDKN2B-Status zu bestimmen. Mit Hilfe von Vollblut-DNA oder Referenzgewebe-DNA und nicht-betroffenen Referenzgenloki lassen sich so Kopienzahlveränderungen im Tumor feststellen (9,10). Sowohl in der Referenz-DNA als auch in der Tumor-DNA werden die Cq-Werte (ein quantitatives Maß für das Vorhandensein des Genabschnittes) der Gene CDKN2A, CDKN2B (Chromosom 9p21.3), zwei weiterer Gene auf 9p und 9q, sowie von β-Actin und B2M ermittelt. Die letzteren beiden (β-Actin und B2M) dienen dabei als probeninterne Referenzen (ΔCq zwischen Gene of Interest und Reference gene), um Qualitäts- und Mengenunterschiede der DNA herausrechnen zu können. Für mögliche heterozygote oder homozygote Deletionen, hervorgerufen durch somatische Veränderungen im Tumor (die nicht im Blut vorhanden sind), wird die Differenz der Cq-Werte zwischen Tumor- und Blutprobe bestimmt (ΔΔCq). Liegt das relative Verhältnis der CDKN2-Gene in Tumor/Blut etwa um 1,0, liegt kein Verlust vor. Liegt der Wert darunter, kann – je nach Tumorzellanteil - eine heterozygote oder homozygote CDKN2A/2B-Deletion vorliegen. Mit Hilfe weiterer Gene auf Chromosom 9 beurteilen wir, ob es sich um punktuelle Deletionen oder größere chromosomale Verluste handelt.

eren den Zellzyklus unter anderem durch eine Inhibierung des Rb/E2F-Signalwegs (2,3). P14 dient darüber hinaus als Stabilisator des Tumorsupressorproteins p53 und nimmt darüber zusätzlich Einfluss auf den Zellzyklus (3).

 

 

 

 

    Abbildung: Quantitative Bestimmung des CDKN2A-/CDKN2B-Deletionsstatus. Aus dem Verhältnis von Referenzgenen und den Zielgenen (CDKN2A und CDKN2B) aus Tumor und Blut wird bestimmt, ob Genverluste vorliegen. Bei einem Verhältnis von 1, liegen keine Verluste vor (links), sind die Werte deutlich erniedrigt, ist der Tumor von einem homozygoten Verlust betroffen (rechts). CDKN2A und CDKN2B können auch in unterschiedlicherweise voneinander betroffen sein, z.B. durch einen ausgeprägteren CDKN2B-Verlust (Mitte).


     

    Literatur:

     

    1. Shirahata et al. (2018) Novel, improved grading system(s) for IDHmutant astrocytic gliomas. Acta Neuropathologica 136:153–166
    2. Reis GF, Pekmezci M, Hansen HM, Rice T, Marshall RE, Molinaro AM, Phillips JJ, Vogel H, Wiencke JK, Wrensch MR, Walsh KM, Perry A. CDKN2A loss is associated with shortened overall survival in lower-grade (World Health Organization Grades II-III) astrocytomas. J Neuropathol Exp Neurol. 2015 May;74(5):442-52. doi: 10.1097/NEN.0000000000000188. PMID: 25853694;PMCID: PMC4397174Rolle von CDKN2A und CDKN2B
    3. Huang LE. Impact of CDKN2A/B Homozygous Deletion on the Prognosis and Biology of IDH-Mutant Glioma. Biomedicines. 2022 Jan 24;10(2):246. doi: 10.3390/biomedicines10020246. PMID: 35203456; PMCID: PMC8869746.
    4. Tu, Q., Hao, J., Zhou, X. et al. CDKN2B deletion is essential for pancreatic cancer development instead of unmeaningful co-deletion due to juxtaposition to CDKN2A. Oncogene 37, 128–138 (2018). https://doi.org/10.1038/onc.2017.316
    5. Lin, J.-C.; Liu, T.-P.; Yang, P.-M. CDKN2A-Inactivated Pancreatic Ductal Adenocarcinoma Exhibits Therapeutic Sensitivity to Paclitaxel: A Bioinformatics Study. J. Clin. Med. 2020, 9, 4019. https://doi.org/10.3390/jcm9124019
    6. Zhang W, Kuang P, Liu T. Prognostic significance of CDKN2A/B deletions in acute lymphoblastic leukaemia: a meta-analysis. Ann Med. 2019 Feb;51(1):28-40. doi: 10.1080/07853890.2018.1564359. Epub 2019 Feb 14. PMID: 30592434; PMCID: PMC7857473.
    7. Brat DJ, Aldape K, Colman H, Figrarella-Branger D, Fuller GN, Giannini C, Holland EC, Jenkins RB, Kleinschmidt-DeMasters B, Komori T, Kros JM, Louis DN, McLean C, Perry A, Reifenberger G, Sarkar C, Stupp R, van den Bent MJ, von Deimling A, Weller M. cIMPACT-NOW update 5: recommended grading criteria and terminologies for IDH-mutant astrocytomas. Acta Neuropathol. 2020 Mar;139(3):603-608. doi: 10.1007/s00401-020-02127-9. Epub 2020 Jan 29. PMID: 31996992; PMCID: PMC8443062
    8. WHO Classification of Tumours, 5th Edition. Central Nervous System Tumours, Volume 6. WHO Classification of Tumours Editorial Board.ISBN-13 978-92-832-4508-7
    9. Ma und Chung (2015) Quantitative Analysis of Copy Number Variants Based on Real-Time LightCycler PCR. Curr Protoc Hum Genet. ; 80: 7.21.1–7.21.8
    10. Wilke et al. (2000) Diagnosis of Haploidy and Triploidy Based on Measurement of Gene Copy Number by Real-Time PCR. HUMAN MUTATION 16:431-436