Centre Hospitalier Universitaire de la Sarre et Faculté de Médecine de l'Université de la Sarre
Mukoviszidose-Forschung: „Elektronische Nasen“ können helfen, wenn das Sputum fehlt

Mukoviszidose-Forschung: „Elektronische Nasen“ können helfen, wenn das Sputum fehlt

Mukoviszidose-Patienten, die mit CFTR-Modulatoren therapiert werden, produzieren kaum noch Sputum. Für die Betroffenen ist dies eine große Erleichterung – die mikrobiologische Diagnostik auf bakterielle Erreger in den tieferen Atemwegen ist dadurch jedoch erschwert. Die AG um Dr. Sybelle Goedicke-Fritz aus der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie des UKS (Direktor: Prof. Dr. Michael Zemlin) forscht zum Einsatz „elektronischer Nasen“ und der Ionenmobilitätspektrometrie, um die häufigsten Lungenkeime bei der Cystischen Fibrose (CF) anhand von volatilen organischen Verbindungen in der Ausatemluft der Patienten zu identifizieren. Der Mukoviszidose e.V. fördert das Projekt mit 20.000 Euro.
 

In Deutschland sind mehr als 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 150 bis 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.

Die aktuell verfügbare hochwirksame CFTR-Modulatortherapie mit ETI (Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor) bringt für viele Menschen mit Mukoviszidose ein völlig neues Lebensgefühl – mehr Leistungsfähigkeit, kaum noch Husten, keine übermäßige Schleimproduktion in der Lunge mehr. So erfreulich das für die Betroffenen ist, für die medizinische Diagnostik bedeutet es eine Herausforderung: Das Sputum wurde bislang für eine regelmäßige mikrobiologische Diagnostik auf Keime in den tieferen Atemwegen genutzt. Dass viele CF-Patientinnen und -Patienten kaum noch oder sogar kein Sputum mehr produzieren, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sie keinen Keimbefall mehr haben.

Im Fokus: Stoffwechselprodukte der Keime in der Atemluft

Welche neuen, nicht-invasiven Untersuchungsmethoden sich für den Nachweis auf bakterielle Keime in der Lunge und den Atemwegen etablieren könnten, erforscht die Arbeitsgruppe um Dr. Sybelle Goedicke-Fritz im aktuellen Projekt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen hier auf die Analyse sogenannter flüchtiger organischer Verbindungen (Volatile organic compounds, VOCs), die mit jedem Atemzug eines Lebewesens abgeatmet werden. Diese VOCs bestehen zu einem großen Teil aus Metaboliten, die aus dem körpereigenen Stoffwechsel stammen und so wichtige Informationen über die Art und Aktivität sowie über den Zustand des Organismus geben können.

Auch die Stoffwechselprodukte von Bakterien in den Atemwegen werden u.a. in Form flüchtiger organischer Verbindungen in die Atemluft abgegeben. Diese Substanzen sind in der Luft nachweisbar, wenn sie mit entsprechend feinen chemischen Methoden (Massenspektrometrie) analysiert werden. Bei CF-Patientinnen und Patienten konnten in Vorversuchen der Homburger Arbeitsgruppe bereits verschiedene Bakterien anhand der von ihnen freigesetzten Stoffwechselprodukte voneinander unterschieden werden (u.a. Pseudomonas aeruginosa, Burkholderia cepacia complex, Staphylococcus aureus, Stenotrophomonas maltophilia).

Keime identifizieren mit „elektronischen Nasen“ und Ionenmobilitätsspektrometrie

Unter Verwendung von „elektronischen Nasen“ (Cyranose 320) und der Ionenmobilitätsspektrometrie (MCC/IMS) werden in der Kinderklinik des UKS in Homburg/Saar bei 50 CF-Patientinnen und Patienten mit Atemwegsinfektion und 50 CF-Patientinnen und Patienten ohne Atemwegsinfektion neben der herkömmlichen Probennahme zusätzlich Proben der Ausatemluft gesammelt und anschließend auf flüchtige Substanzen untersucht. Es wird dabei auf die bei CF häufig in der Lunge vorkommenden Bakterien Pseudomonas aeruginosa, Burkholderia cepacia complex und Staphylococcus aureus (MRSA und MSSA) untersucht. Dabei sollen Erkennungsmuster entwickelt werden, die eindeutige Rückschlüsse auf die Bakterien zulassen.

Etabliert sich der Einsatz der „elektronischen Nasen“ in der Diagnostik, wäre ein neuer, nicht-invasiver Untersuchungsweg gefunden, der ein mikrobiologisches Monitoring bei Atemwegsinfektionen ermöglicht und sofortige Auskunft darüber gibt, welche antibiotische Therapie notwendig ist.

 


Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:

Dr. Sybelle Goedicke-Fritz
Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS)
Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie
(Direktor: Prof. Dr. Michael Zemlin)

E-Mail: Sybelle.Goedicke-Fritz @uks.eu

 


Über den Mukoviszidose e.V.

Im Rahmen seiner Forschungsförderung unterstützt der Mukoviszidose e.V. ein breites Spektrum an Projekten von der medizinischen Grundlagenforschung bis hin zu klinischen Studien, um Therapieoptionen und Lebensqualität für Betroffene zu verbessern. Weitere Informationen zur Forschungsförderung des Mukoviszidose e.V.: https://www.muko.info/was-wir-tun/forschungsfoerderung

Der Mukoviszidose e.V. vernetzt die Patientinnen und Patienten, ihre Angehörigen, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten und Forschende. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem und jeder Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose ermöglichen zu können. Damit die gemeinsamen Aufgaben und Ziele erreicht werden, ist der gemeinnützige Verein auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.

Pressekontakt:
Mukoviszidose e.V.
Carola Wetzstein
Telefon: +49 (0)228 9 87 80-22
Mobil: +49 (0)171 9582 382
E-Mail: CWetzstein @muko.info

 


Anlagen:

Zwei Fotos zur freien Nutzung im Rahmen der Berichterstattung unter Nennung der Quellenangabe: Laura Glücklich/UKS
 

Bildunterschrift 1:

Dr. Sybelle Goedicke-Fritz vom Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) forscht zum Einsatz "elektronischer Nasen" zur mikrobiologischen Diagnostik bei Menschen mit Cystischer Fibrose (CF). Foto: Laura Glücklich/UKS.
 

Bildunterschrift 2:

Dr. Sybelle Goedicke-Fritz (Mitte) und ihre Arbeitsgruppe - darunter Pauline Hollinger (links) und Aaron Gottwald (rechts) - im Forschungslabor der Kinderklinik des UKS, Foto: Laura Glücklich/UKS.