Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Erfahrungsbericht

Erfahrungsbericht

UND??? Wie haben Sie die letzten Nächte geschlafen? - Gar nicht! Ich war beim Maitreffen!

 

Und genau so ging es wahrscheinlich den meisten beim diesjährigen Maitreffen der Anamnesegruppen.

Ein ganz besonderer Anlass an einer ganz besonderen Universität. Denn in diesem Jahr haben die Anamnesegruppen ihr 40 jähriges und das Maitreffen das 30 jährige Jubiläum gefeiert hier in Homburg an der Universität des Saarlandes.

Ich als Studentin an der Uni in Homburg war begeistert als ich von dem anstehenden Ereignis hörte. Obwohl ich selbst an keiner Anamnesegruppe teilgenommen habe, wollte ich mir das nicht entgehen lassen. Also habe ich mich schnell angemeldet und war froh, dass dieses Jahr auch „Anamnese-Laien“ teilnehmen konnten.

 

Das Maitreffen konnte beginnen!

 

Nach der Anmeldung folgte dann auch gleich das Einspannen in die Vorbereitungen. Das war zwar anfänglich nicht so geplant, aber ich fands ok und habe mich letztendlich für die ein oder andere anfallende Aufgabe breitschlagen lassen. Immerhin habe ich dadurch im Kurztripp Frankreich kennengelernt!

Viel spannender war allerdings was das so für Leute waren, die von den anderen Unis angereist kamen und vor allem in unseren Zimmern übernachten durften. Ich fand es war für uns noch ein besonderes Highlight, weil wir im Studentenwohnheim plötzlich eine bunte Mischung aus verschiedensten Städten waren. Nicht, dass wir nicht so schon eine bunte Mischung wären, aber das waren mal wieder ganz neue Gesichter.

 

Die ersten Gäste reisten an!

 

So begann dann auch der erste Abend! Da waren drei Mädels aus Halle, drei Jungs aus Lübeck und noch eine Studentin aus Heidelberg. Wir hatten vorab ja schon mehr oder weniger in Frankreich eingekauft und waren dabei, jede Menge Spaghetti zu kochen. Im Laufe des Abends waren sie dann angekommen, unsere Übernachtungsgäste, und es gab ein sehr geselliges Zusammensitzen und Essen. Wir unterhielten uns über alles Mögliche und wie der Plan für den nächsten Tag aussah. Irgendwann zu späterer Stunde fielen wir dann völlig erschöpft in unsere Betten.

 

Tag 1 des Maitreffens:

 

Am nächsten morgen starteten wir dann etwas übermüdet, aber mit einem großen Frühstück in den nächsten Tag. Der begann dann auch endlich mit dem eigentlichen Maitreffen. Wir machten also einen kleinen Spaziergang über unseren Unicampus zum „Crash-Kurs“. Dieser war für alle Teilnehmer gedacht, die bisher noch an keiner Anamnese-Gruppe teilgenommen hatten. Auch für Studenten der Psychologie, die sich für das Maitreffen anmelden konnten. Für mich persönlich noch etwas ganz besonderes . Zu sehen wie Psychologen das Ganze betrachten vor allem ein Gespräch mit einem Patienten. Es begann also mit einer kurzen Vorstellungsrunde und dem folgenden Ablauf:

Was ist wichtig bei einem Anamnesegespräch?

Worauf sollte man achten und was sollte man besser vermeiden?

Als wir alles Mögliche diskutiert hatten, sollte endlich eine richtige Anamnese folgen mit einer „echten“ Patientin.

Keiner traute sich so richtig, sich für die Anamnese zu melden. Denn einer von uns sollte nun das Gespräch mit der Patientin führen, die schon auf dem Zimmer auf uns wartete. Nach langem Schweigen und Hoffen, dass sich doch jetzt endlich mal einer freiwillig meldet und ich es nicht bin, die Erlösung! Einer von unseren Lübeckern meldete sich!

Also lief einer von unseren Tutoren los und holte die Patientin ab. Wir hatten die Zeit währenddessen damit verbracht, Tische und Stühle zu rücken und alle unsere Positionen einzunehmen... der Aussen- und der Innenkreis. Diese Aufteilung gibt es normalerweise in Anamnesegruppen nicht. Hier wurde sie gewählt, weil die Gruppe mit 13 Leuten für eine normale Anamnesegruppe zu groß gewesen wäre und weil die Außenkreis-Position eine gute Übung ist, wenn man später mal Tutor werden will. Ich gehörte zu den Personen, die sich im Aussenkreis befanden und somit stillschweigend und kommentarlos das Anamnesegespräch beobachteten und den Innenkreis im Auge hatte. Das Gespräch war spannend. Eine Frau, die wirklich einiges in ihrem Leben erlebt hatte, was zum Teil sehr erschütternd und ergreifend war und natürlich auch eine sehr bewegende Krankheitsgeschichte hatte. Eine Patientin, die kurz vor den Tränen stand und unser „Arzt“ die Situation gut im Griff hatte und das Gespräch nicht ins Kippen geriet. Denn wie verhalte ich mich, wenn meine Patientin auf einmal anfängt zu Weinen??? Ich war in diesem Moment doch froh, dass ich im Aussenkreis saß und nicht in seiner Haut steckte. Das Gespräch kam trotz allem zu einem schönen Abschluss, sowohl für die Patientin als auch für uns. Es folgte der „Blitz“. Jeder sollte kurz sagen wie er sich nach dem Gespräch fühlte. Der Aussenkreis musste immer noch schweigen. Danach ging es dann darum, das Gespräch bzw. die Gesprächsführung zu diskutieren. Und auch wir kamen zu Wort. Zum Abschluss unseres „Crash-Kurses“ besprachen wir noch organisatorische Dinge der Anamnesegruppen und bekamen gute Tipps.

 

Offizielle Begrüßung aller Teilnehmer/ innen des diesjährigen Anamneseworkshops!

 

Schließlich machten wir uns auf den Weg in den Hörsaal der Gynäkologie. Dort gab es dann für alle Teilnehmer des Maitreffens die Einführungsveranstaltung mit der Vorstellung der teilnehmenden Universitäten aus den verschiedenen Städten. Mit dem Auftakt unseres Dekans und unseres Studiendekans kam eine sehr lockere und heitere Stimmung auf. Wir kannten diese ja schon, aber für unsere Gäste war es anscheinend ganz unüblich für Ihre Professoren. Was ein weiterer Pluspunkt für unsere kleine Universität war! Dann ging es auf, um uns in unseren Gruppen zu treffen. Denn es gab ja verschiedene Workshops, für die man sich vorab anmelden konnte. Mein Seminarthema war „Umgang mit Belastung“ mit dem Logo eines LKW`s. Nach Hin- und Herlaufen und auf der Suche nach den anderen „LKW`s“ hatten wir uns alle gefunden. Wir suchten uns im Gebäude der Frauen- und Kinderklinik einen relativ ruhigen Ort und machten kleine Spiele, um uns näher kennenzulernen.

 

Kulturausflug durch Homburg mit abschließendem gemeinsamen Abendessen

 

Nächster Programmpunkt für den Tag war dann eine Stadtführung durch Homburg oder ein Ausflug in den Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. Homburg zeigte sich zwar wieder von seiner besten Seite mit Regen, aber es machte doch Spass. Nachdem dann alle wieder eingetroffen waren, hatten alle anderen die Möglichkeit, ihre Quartiere zu beziehen.

Der Abschluss des Abends war dann das gemeinsame Essen beim Mongolen. Es gab ein riesengroßes Buffet, wo sich alle für das kommende Wochenende stärken konnten.

 

Tag 2:

 

Am nächsten Morgen machten wir uns nach dem Frühstück auf dem Weg zu unserem ersten Seminar. Unsere Gruppe hatte als ersten Seminarpunkt „Anatomie als Grenzerfahrung“. Welches von einem unserer beliebtesten Dozenten an der Uni Dr. Kurt Becker geleitet wurde. Er schaffte eine tolle Atmosphäre, was in den Räumlichkeiten der Anatomie doch eine Herausforderung ist und wir diskutierten über den Kurs der makroskopischen Anatomie. Vor allem was das für Menschen sind, die sich bereit erklären eine Körperspende zu machen. Was bewegt Menschen dazu und wie fühlen sich die Angehörigen dabei. Wie geht es uns Studenten dabei, auf einmal einen toten Menschen vor sich liegen zu haben, an dem man nun lernen soll. Es war doch sehr spannend, vor allem die unterschiedlichen Meinungen unserer Gruppe zu hören. Wie läuft der Kurs an anderen Unis ab, usw.

Dann gingen wir mit einer unserer Tutorinnen in die Klinik der Inneren Medizin zu unserem Patienten, mit dem nun ein Anamnesegespräch anstand. Auch dieses war wieder spannend. Es folgte der „Blitz“ und ein Austausch unter uns.

Im Anschluss daran gab es dann ein gemeinsames Treffen mit den anderen Gruppen im Hörsaal der Gyn wo ein abschließendes Plenum stattfand. Dort hatte dann immer einer aus den jeweiligen Gruppen, die Möglichkeit den anderen von dem Tag zu berichten. Hier hatten wir einen Einblick darüber, was so in den anderen Gruppen passierte.

 

Die Jubiläumsfeier!

 

Kurze Verschnaufpause und Essen in unseren Unterkünften und auf zum letzten Programmpunkt des Tages. Die Jubiläumsfeier! Dafür waren extra einige Dozenten angereist, um etwas zu den Anamnesegruppen zu erzählen. Ein ganz besonderer Gast war da natürlich Prof. Dr. W. Schüffel – der Gründer der Anamnesegruppen. Es gab einen geschichtlichen Ausflug und die Entwicklung der Anamnesegruppen und natürlich auch des Maitreffens.

Und schon folgte der nächste Tag!

 

Tag 3 konnte beginnen:

 

Wieder ging es nach dem gemeinsamen Frühstück zum anstehenden Seminar. Für unsere Gruppe war es diesmal das Thema „Behandlung auf der Intensivstation: Verführung durch das Machbare?“ mit einem ehemaligen Studenten unserer Uniklinik Dr. med. Sebastian Stehr. Hier kam es zu einer wirklich ausgiebigen Diskussion über das Machbare auf der Intensivstation. Ist der Patient eigentlich noch ein Mensch oder schon ein Opfer der Maschinen?! Wo hat der Patient noch das Recht bzw. SEIN Recht, zu entscheiden was er möchte und was nicht? Patientenverfügung ja oder nein und wenn ja wie? Angehörige, die auf einmal in der Position stehen, eine Entscheidung zu treffen für einen ihrer liebsten Menschen und sie selbst befinden sich in tiefster Trauer voller Schmerz. Wie kann man als Arzt für einen anderen Menschen oder deren Angehörige eine Entscheidung treffen? Und zwar die Richtige! Wie kann man diejenigen begleiten in dieser schweren Situation?

Es war eine wirklich anstrengende Diskussion. Man selbst versuchte sich in die verschiedensten Situation hineinzuversetzen. Arzt, Patient, Angehöriger... Anhand unterschiedlicher Fallbeispiele aus dem Klinikalltag haben wir versucht, herauszufinden wie wir handeln würden im Sinne des Patienten. Und wir alle kamen zu dem Ergebnis, dass man es einfach nicht „richtig“ machen kann.

Eine Mittagspause war jetzt wirklich nötig. Alles verdauen und wieder ein wenig zur Ruhe kommen. Und vor allem Energie schöpfen für den nächsten Workshop!

Denn jetzt stand für unsere Gruppe auf der Tagesordnung „Kindheit hat Folgen: die biographische Anamnese als differentialdiagnostisches Instrumentarium zur Klärung erhöhter Stressvulnerabilität“ bei Herrn Prof. Dr. med. Ulrich T. Egle - ein weiteres Urgestein der Anamnesegruppen. Hier ging es nun darum, Erkrankungen zu betrachten in Bezug auf frühere Kindheitsereignisse. Wie entwickeln wir uns, wenn wir in bestimmten Lebenssituationen aufwachsen? Was kann man umgekehrt für Rückschlüsse auf eventuelle Kindheitsereignisse schließen, wenn sich ein Patient vorstellt und wir die Anamnese erheben und uns die Diagnose schon bekannt ist? Es machte uns klar, wie wichtig die biographische Anamnese ist. Uns wurde bildlich die Veränderungen im ZNS gezeigt. Was für Folgen hat unsere Kindheit auf unseren Körper speziell auf das Gehirn? Wieder ein spannender und interessanter Vortrag. Leider der Letzte für das diesjährige Maitreffen!

 

Letzter Abend mit der Abschlussparty in der Homburger Mensa!

 

Auch an diesem Tag gab es für alle wieder das abschließende Plenum.

Im Anschluss daran machten sich alle auf den Weg in ihre Quartiere. Abendessen und dann gings los auf die Maitreffen-Party in der Mensa. Hier konnte ausgiebig getanzt und sich in gemischter Runde nochmal unterhalten werden. Bis in die frühen Morgenstunden haben wir gefeiert. Das war ein schöner Abschluss für ein noch schöneres Maitreffen.

 

Das diesjährige Maitreffen nahm sein Ende!

 

Der letzte Tag war gekommen und im letzten Plenum wurde dann der Ort für das nächste Maitreffen bestimmt. Marburg! Schweren herzens trennten wir uns alle voneinander. Jedoch mit der Hoffnung, sich beim nächsten Maitreffen wiederzusehen.

An alle Organisatoren ein großes Lob und Dankeschön für dieses tolle Wochenende! Da ist man doch stolz, an der kleinen unbekannten Universität in Homburg studieren zu dürfen!