Saarland University Faculty of Medicine
Forschung
Leitung: Prof. Dr. Richard Zimmermann

Forschung

Mechanismen der Genexpression: intrazelluläre Proteintopogenese und Proteinfaltung

 

Das übergeordnete Thema der Arbeitsgruppe sind Mechanismen der Proteinbiosynthese. Unter diesem Oberbegriff werden die Mechanismen der intrazellulären Proteinfaltung sowie Mechanismen des intrazellulären Proteintransports untersucht.

 

In Hinblick auf Proteintransport werden Mechanismen des Imports von Proteinen in das endoplasmatische Retikulum bzw. in den Zellkern sowie Mechanismen des Exports von Proteinen aus diesen beiden Organellen in das Cytosol untersucht. Darüber hinaus wird das Proteom des endoplasmatischen Retikulums aus dem Pankreas mittels zweidimensionaler Gelelektrophorese und Proteinsequenzierung bzw. im Rahmen eines Kooperationsprojektes mittels Massenspektrometrie charakterisiert (http://www.med-rz.uni-sb.de/med_fak/biochemie/ER/index.html).

 

Proteinfaltung im Cytosol und im endoplasmatischen Retikulum sowie der Austausch von Proteinen zwischen Cytosol und endoplasmatischem Retikulum werden in etablierten in vitro-Systemen studiert, die aus definierten Fraktionen von Säugetierzellen zusammengestzt sind und die Plasmid-abhängige Biosynthese definierter Modellproteine ermöglichen. Dabei geht es um die Identifizierung und Charakterisierung von beteiligten Komponenten sowie um die Aufklärung molekularer Mechanismen. Bei beiden Prozessen spielen molekulare Chaperone eine zentrale Rolle und bilden entsprechend einen Schwerpunkt der Arbeiten. Als Modellproteine kommen unter anderem Licht- bzw. Fluoreszenz-emmitierende Proteine (d.h. Luciferasen und GFPs) zum Einsatz, die auch mittels bildgebender Verfahren verfolgt werden. Die Komponenten werden auf zellulärer Ebene mittels der RNAi-Technologie und Fluoreszenzmikroskopie charakterisiert. Interessanterweise haben genetische Arbeiten kürzlich Mutationen in verschiednen Genen, die für einige der bearbeiteten Komponenten kodieren, als Ursache von neurodegenerativen Erkrankungen bzw. der autosomal dominanten polycystischen Lebererkrankung identifiziert. Darüber hinaus wurden ähnliche Mutationen bzw. die Überexpression von derartigen Genen in Assoziation mit humanen Tumoren beobachtet. Dieser Aspekt ist Gegenstand einer Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Wullich der Klinik für Urologie und Kinderurologie.

 

Die Biogenese sekretorischer Proteine, sowie von Membranproteinen, beginnt in Eukaryoten mit dem Signalpeptid-vermittelten Transport der Vorstufenproteine vom Cytosol in das Lumen des endoplasmatischen Retikulums (ER). Die Synthese der Vorstufenproteine kann an freien cytosolischen Ribosomen, aber auch an bereits mit der ER-Membran assoziierten Ribosomen beginnen. Im ersten Fall wird das Andocken an die ER-Membran durch SRP (signal recognition particle) und seinen Rezeptor in der ER-Membran (SRP-Rezeptor oder SR) vermittelt, im zweiten Fall geschieht dies nicht. Bei membranassoziierten Ribosomen sorgt vermultich NAC (nascent polypeptide associated complex) für deren Freisetzung von der ER-Membran, falls sie mit der Synthese von nicht signalpeptidhaltigen Polypeptiden beginnen. Der eigentliche Import von Polypeptidketten in das ER wird durch eine Proteintranslokase in der ER-Membran vermittelt. Die zentrale Komponente der Translokase ist der heterotrimere Sec61-Komplex. Während des Imports stellt dieser Komplex auf der cytosolischen Seite die Bindungsplattform für das Ribosom dar und sorgt in Kooperation mit weiteren membranständigen und luminalen Komponenten der Translokase für den Transport der Polypeptidketten durch die Membran. Wir konnten für Säugetierzellen luminale Hsp70-Chaperone (BiP und Grp170) sowie Hsp40-Kochaperone (Sec63 und ERj1) als weitere Untereinheiten dieser Translokase charakterisieren. Die aminoterminalen Signalpeptide (Spirale) sekretorischer Vorstufenproteine werden typischerweise bereits während der Translokation durch die Signalpeptidase abgetrennt (Spase).


ERj1 ist ein membranständiges Hsp40-Cochaperon des ER mit einer ER-luminalen - für Hsp40-Proteine charakteristischen - J-Domäne und einer großen cytosolischen Domäne. Die J-Domäne von ERj1 rekrutiert das luminale Hsp70-Chaperon BiP über die Membran des ER an translatierende Ribosomen und damit vermutlich gleichzeitig auch an den Sec61-Komplex. Nach unserer Arbeitshypothese leistet ERj1 dadurch einen Beitrag zur Biogenese sekretorischer Proteine, entweder auf Ebene des Transports der Proteine ins ER oder auf Ebene der Assemblierung der Proteine im ER.

 

Der Austausch von Proteinen zwischen Cytosol und Zellkern wird von Herrn Dr. Gabriel Schlenstedt und seinen Mitarbeitern in etablierten in vitro-Systemen untersucht, die aus definierten Fraktionen bzw. Komponenten von Hefezellen bestehen. Auch hier geht es um die Identifizierung von beteiligten Komponenten sowie um die Aufklärung molekularer Mechanismen. Darüber hinaus werden die Komponenten auf zellulärer Ebene mittels Molekulargenetik und bildgebender Verfahren charakterisiert (Fluoreszenzmikroskopie). Zur Aufklärung molekularer Mechanismen werden generell Wechselwirkungen von an Teilreaktionen beteiligten Komponenten mittels Bindungsstudien (pull down assay) und Oberflächenplasmonresonanzspektroskopie (SPR) sowie im Rahmen von Kooperationsprojekten mittels Cryo-Elektronenmikrosokopie, Röntgenstrukturanalyse und elektrophysilogischer Methoden charakterisiert. Zusätzlich werden Peptidbibliotheken bzw. mutierte Proteine für die Charakterisierung von interaktiven Proteinoberflächen verwendet.