Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Radiophosphonat-Therapie von Knochenmetastasen
Prof. Dr. Samer Ezziddin

Radiophosphonat-Therapie von Knochenmetastasen

Behandlung schmerzhafter Knochenmetastasen mit Radionukliden

Lieber Patient,

Ihr Arzt hat Ihnen wegen schmerzhafter Knochenmetastasen - z.B. bei Prostatakrebs - eine Therapie mit radioaktiven Arzneimitteln (Radionuklidtherapie) empfohlen. Wenn die erforderlichen Voraussetzungen beachtet werden, ist diese Behandlung in den meisten Fällen gut wirksam und wird von den Patienten gut vertragen.

Im Folgenden möchten wir Ihnen das Prinzip und den Ablauf der Therapie näher erklären.


Wie funktioniert die Behandlung, und wie wird sie durchgeführt?

Ähnlich wie bei der Skelettszintigraphie reichern sich die eingesetzten Radionuklide (z.B. 89Sr, 153Sm-EDTMP, 186Re-HEDP) in Kno­chenregionen mit vermehrter Knochenneubildung (z.B. Metastasen) an. Im Gegensatz zur Knochenszintigraphie, wo die bildliche Darstellung der Verteilung (Gammastrahlung) dia­gnostisch genutzt wird, wird bei der Behandlung eine therapeutisch nutzbare Strahlung (Beta­strahlung) beim Zerfall der Substanz freigesetzt, die zu einer gezielten Schmerzbekämpfung führt. Anders als bei der Chemotherapie oder einer medikamentösen Schmerzbehandlung sucht sich die mit dem Radionuklid markierte Substanz also selbst ihr Ziel und entfaltet nur dort ihre wesentliche Wirkung.

Das Radionuklid wird Ihnen  nach oder gleichzeitig mit einer Kochsalzinfusion intravenös verabreicht. Aus gesetzlichen Gründen ist die Behandlung nur auf einer dafür zugelassenen nuklearmedizinischen Therapiestation erlaubt. Eine ambulante Durchführung, z.B. im Rah­men eines mehrstündigen Aufenthalts auf der Therapiestation, ist jedoch die Regel. Am Fol­getag wird dann noch, durch eine Ganzkörperaufnahme mit der Gammakamera wie bei der Knochenszintigraphie, die Verteilung des Radionuklids im Skelett dokumentiert.


Welche Nebenwirkungen kann die Therapie haben

Blutbildveränderungen

Durch die am Knochen wirksam werdende Bestrahlung kann es zu einer vorübergehenden Bildungsschwäche von Blutbestandteilen kommen, die sich möglicherweise in einer Blu­tungsneigung bzw. einer verlängerten Blutungszeit nach Verletzungen äußern kann (Throm­bozytopenie). Außerdem kann es in seltenen Fällen zu einer leichten Abwehrschwäche kommen, die jedoch ebenfalls nur vorübergehend in Erscheinung tritt (Leukopenie), oder auch, insbesondere bei ungünstigen Ausgangswerten, zu einem Abfall der roten Blutkörper­chen.

Um Sie durch diese Nebenwirkungen nicht unnötig zu gefährden, kann die Therapie daher nur durchgeführt werden, wenn bei Ihnen ein ausreichend gutes Blutbild vorliegt.

Nach Abschluß der Behandlung sollte Ihr Hausarzt noch 6 Wochen lang regelmäßige Blut­bildkontrollen durchführen, da es, anders als z.B. nach Chemotherapie, nach Radionuklidthe­rapie zu einem verzögerten Abfall der Werte kommen kann. Bitte teilen Sie dies Ihrem Haus­arzt mit. Selbstverständlich können diese Blutbildkontrollen auch bei uns in Homburg durch­geführt werden.

 

Schmerzsymptomatik

In der Frühphase nach der Behandlung, also in den ersten Tagen nach der Infusion, kann es zu einer kurzzeitigen Zunahme der Schmerzen kommen, in diesem Fall können zusätzliche Schmerzmittel eingenommen werden. Dies wird von einigen Wissenschaftlern als ein gutes Zeichen bezüglich eines guten Ansprechens und einer späteren Schmerzreduktion gehalten.


Wann kann eine Radionuklidtherapie nicht durchgeführt werden?

Leider kann die Behandlung nicht durchgeführt werden, wenn die Blutwerte erkennen lassen, dass Ihr blutbildendes Knochenmark keine ausreichende Erholungsfähigkeit hat. Dann über­wiegt die Gefährdung durch Blutung oder Infektionen den Nutzen der Therapie.

Außerdem sollte vor der Behandlung ausgeschlossen sein, daß ein Knochen wegen der tu­morbedingten Veränderungen bruchgefährdet ist. Dies kann, z.B. in der Wirbelsäule ernste Folgen für Sie haben. Die Radionuklidtherapie fördert zwar solche Knochenbrüche nicht, kann sie aber auch nicht verhindern. Deswegen sollte in solchen Fällen zunächst einer ande­ren Behandlung (Operation, Strahlentherapie von aussen, Korsettversorgung etc.) der Vorzug gegeben werden.

Danach kann über die Radionuklidtherapie erneut nachgedacht werden.

Bei schweren Nierenfunktionsstörungen muß ebenfalls kritisch geprüft werden, ob die Be­handlung bei Ihnen durchführbar ist.


Kann die Behandlung wiederholt oder mit anderen Therapien kombiniert werden?

Die in den letzten Jahrzehnten durchgeführten klinischen Studien konnten die Wirksamkeit von Radionukliden zeigen: Bei den meisten Patienten  kam es - bei minimalen Ne­benwirkungen - zu einer raschen und über mehrere Wochen und Monate anhaltenden Linderung der Kno­chenschmerzen. Dadurch war es möglich, auf Schmerzmittel zu verzichten oder deren Dosis zu reduzieren. Auch konnte in einer Studie die Zahl von später erforderlichen Strahlenbe­handlungen deutlich reduziert werden.

Die Behandlung mit Radionukliden ist ? nach Ablauf von mehreren Monaten ? bei Erfolg wiederholbar und weist nach den bisherigen Erfahrungen ein günstiges Nutzen-Risiko-Ver­hältnis auf. Die Behandlung kann jederzeit durch eine andere Therapie, z.B. mit Schmerzmit­teln, Hormon- oder Anti-Hormonpräparaten, oder Mitteln zur Knochenstabilisierung (Bisphosphonate) ergänzt werden, sollte dies erforderlich sein.

Derzeit werden klinische Studien über eine direkte Kombination von Radionukliden mit einer Chemotherapie durchgeführt. Die Substanzen sind jedoch außerhalb dieser Studien nicht für eine solche Kombination zugelassen. Deswegen sollte zu anderen Tumortherapien, z.B. Chemo- oder Strahlentherapie, ein ausreichend langer Zeitraum eingehalten werden, insbe­sondere, um eventuelle Blutbildveränderungen einschätzen zu können.


Kann man anstelle der Radionuklidtherapie eine andere Behandlung durchführen?

Als mögliche alternative Therapieformen sind die Chemotherapie und die Behandlung mit Schmerzmitteln zu nennen. Bei örtlich begrenzten Veränderungen ist auch eine externe Be­strahlung (Bestrahlung von außen statt von innen) möglich. Welche Behandlung für Sie per­sönlich in Frage kommt, wird Ihr Arzt mit Ihnen vor der Radionuklidtherapie besprechen.


Koordination Tumortherapien

Tel.: 06841/16-24594

Fax.: 06841/16-1724594