Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
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Leitung: Prof. Dr. Joachim Oertel

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Häufigkeit und Ätiologie der Meningeome

Meningeome (auch Meningiome) zählen zu den extracerebralen Tumoren und sind somit keine Hirntumoren im eigentlichen Sinn. Sie gehen von den Hirnhäuten aus und wachsen meist langsam über Jahre das eigentliche Hirnparenchym verdrängend. Insbesondere in funktionell weniger bedeutsamen Lokalisationen können diese Tumoren dadurch oft stattliche Größen erreichen. Im Gegensatz dazu können in kritischen Regionen schon ganz flache Tumoren Beschwerden verursachen.


An der Gesamtzahl von Hirntumoren machen Meningeome bei Männern 15 % der Erkrankungen, bei Frauen 30 % aus [Sutherland et al. 1992]. Die Zahlen für die Inzidenz von Meningeomen schwankt sehr zwischen verschiedenen internationalen Serien. Es werden Zahlen zwischen 1,6 und 5,5 pro 100 000 Menschen angegeben [Preston-Martin et al. 1980; Codd et al. 1985]. Die Inzidenz steigt kontinuierlich mit dem Lebensalter, so dass in Autopsieserien 2,7 % der männlichen und 6,2 % der über 80-jährigen ein bis dahin asymptomatisches Meningeom hatten. Frauen sind 1,5- bis drei-mal häufiger betroffen als Männer, wobei man in der Praxis von einer durchschnittlichen Richtzahl von 2,5 für das Verhältnis weiblich/männlich ausgehen kann. Meningeome treten eher im höheren Lebensalter auf, bei Männern liegt der Erkrankungsgipfel in der 6. Dekade, bei Frauen in der 7. [DeMonte 1995].


Die Ätiologie der Meningeome ist weitgehend ungeklärt. Gesichert ist lediglich das gehäufte Auftreten von Meningeomen nach Bestrahlung des Neurocraniums [Harrison et al. 1992]. Zytogenetische Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe haben häufig einen Verlust von Chromosom 22 nachweisen können [Zang 1967] oder Deletionen auf dem langen Arm von Chromosom 22 innerhalb des Locus für die Neurofibromatose. Multiple Meningeome finden sich bei 2 % der Patienten, wobei es sich dabei in 90 % um Frauen handelt. In einigen Fällen ist das Auftreten multipler Meningeome mit Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen) vergesellschaftet. Patienten mit Neurofibromatose Typ 2 haben ein erhöhtes Risiko an einem Meningeom zu erkranken. Genauere Untersuchungen des NF2-Gens (das auf Chromosom 22 liegt) gerade bei Patienten mit multiplen Meningeomen haben den Verdacht nahegelegt, dass diese multiplen Tumoren klonalen Ursprungs sind, da sich identische Mutationen in diesem Gen finden. In einer früheren zytogenetischen Untersuchung konnten zwar unterschiedliche Zufallsaberrationen in unterschiedlichen Meningeomen desselben Patienten gefunden werden, wobei beide eine Monosomie 22 hatten und damit die These der Monoklonalität erhärtet werden kann [Zang 2001].



Klassifizierung und Grading bei Meningeomen


Wenngleich Meningeome in der Regel histologisch gutartige Geschwulste sind, deren Prognose wesentlich von der Vollständigkeit der neurochirurgischen, operativen Entfernung abhängt, so zeigt doch die Erfahrung, dass es eine Gruppe von Meningeomen gibt, bei denen ein erhöhtes Risiko für ein erneutes Wachstum trotz vollständiger Resektion besteht. Die aktuelle Fassung der WHO-Klassifikation der Hirntumoren definiert daher drei Meningeom - Grade:


WHO - 'Grad' I
Diese Gruppe umfasst die üblichen Meningeome sowie verschiedene Meningeomsubtypen, die sich durch besondere Strukturmerkmale auszeichnen [psammomatös, angiomatös, mikrozystisch, sekretorisch, klarzellig, chordoid, lymphoplasmazellreich, metaplastisch].
WHO - 'Grad' II
Meningeome mit folgenden Charakteristika: häufige Zellteilungsfiguren, erhöhte Zelldichte, kleine Zellen mit großem Kern, strukturarmes Wachstumsmuster, Nekrosen.
WHO - 'Grad' III
Meningeome mit offensichtlichen Zeichen der Malignität, die weit über die Abnormalitäten von Grad II Meningeomen hinausgehen, wie z.B. Einwachsen in Gehirngewebe.

 

Tab. 1: Histologische Klassifikation der Meningeome:

Histologie
Benigne (gutartig)
63 %
93 %
1
Meningotheliomatös / syncytial
17 %
1
1
Transitional
24 %
1
1
Fibroblastisch
4 %
1
1
Angioblastisch
7 %
1
Intermediär
15 %
-
Maligne (bösartig), auch als anaplastisch bezeichnet
5 %
7 %


 

Abbildung 1: Kaplan-Meier Kurven für die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit von Meningeompatienten, aufgeteilt in die drei WHO-Grade.


Fazit für die Praxis

Für den Neurochirurgen bzw. weiterbehandelnden Arzt bedeutet die Diagnose eines Meningeoms vom Grade II, dass bei diesen Patienten engmaschigere postoperative Verlaufskontrollen als beim üblichen Meningeom durchgeführt werden sollen, um ein Rezidiv bzw. ein weiteres Wachstum frühzeitig erkennen und entsprechend handeln zu können.