Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Neue Medikamente gegen hohes Cholesterin
Leitung: Prof. Dr. Michael Böhm
Dr. med.
Nigge, 
Anke
Oberärztin Privatambulanz, Kardiologische Ambulanz, Leiterin Lipidambulanz
06841 - 16 - 15000
4067
Nigge Anke
Buhles, 
Roswitha
Diagnostikzentrum (Geb. 41.1)
06841 - 16 - 15999
06841 - 16 - 15995
Buhles Roswitha

Neue Medikamente gegen hohes Cholesterin

Erhöhte Blutfettspiegel (Hyperlipidämie), und hier besonders das „schlechte“ LDL-Cholesterin (Cholesterin geringer Dichte; auch Low Density Lipoprotein Cholesterin genannt), stellen einen wichtigen Risikofaktor für Arterienverkalkungen (Arteriosklerose) und damit auch für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen dar. Deshalb profitieren Menschen mit erhöhten Blutfetten von einer Senkung des LDL-Cholesterins. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie bereits kardiovaskuläre Ereignisse wie zum Beispiel einem Herzinfarkt erlitten haben.

 

Für die Behandlung der Hyperlipidämie wurden von den medizinischen Fachgesellschaften Zielwerte für den Cholesterinspiegel definiert. Bei Personen mit sehr hohem kardiovaskulären Risiko sollte ein LDL-C-Zielwert der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zufolge von weniger als 70 mg/dl bzw. unter 1,8 mmol/l angestrebt werden. Hierzu zählen unter anderem Menschen, die schon einmal einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hatten. Aber auch Personen, die an der Schaufensterkrankheit oder unter Typ II-Diabetes mellitus in Kombination mit koronarer Herzkrankheit leiden. Auch eine fortschreitende koronare Herzkrankheit bedeutet ein sehr hohes Risiko.

Eine weitere Patientengruppe, deren zu hoher Cholesterinspiegel auf jeden Fall behandelt werden muss, sind Menschen mit familiärer Hypercholesterinämie (FH). Dabei handelt es sich um eine genetische Störung, die mit extrem hohen LDL-Werten und einem entsprechend hohen Herzinfarktrisiko verbunden ist.

 

Standardmedikamente Statine –nicht immer ausreichend

Mittel der Wahl zur Behandlung überhöhter Cholesterinspiegel sind Statine. Diese sind sicher und für die meisten Behandelten gut verträglich. Eine wirksame Cholesterinsenkung und eine Senkung des kardiovaskulären Risikos durch Statine konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Allerdings stößt die Behandlung in der Praxis bei zwei Patientengruppen an Grenzen. Zum einen reicht die Wirkung nicht immer aus, um bei Hochrisikopatienten die Zielwerte zu erreichen. Zum anderen können in Einzelfällen Statin-assoziierte Muskelschmerzen (SAMS) auftreten. Patienten mit SAMS können häufig höhere Statin-Dosierungen nicht vertragen, die nötig wären um die LDL-Zielwerte zu erreichen.

Eine  Statinunverträglichkeit ist jedoch nicht einfach zu diagnostizieren. Viele Menschen mit SAMS vertragen ein anderes Statin oder eines in geringer Dosierung. Ärzte gehen deshalb nach einem bestimmten Behandlungsschema, einem klinischen Algorithmus vor. Dazu wird das Statin zunächst abgesetzt und beobachtet, ob die Muskelschmerzen ohne Statin vergehen. Ist dies der Fall, wird die Statin-Behandlung erneut begonnen, jedoch zunächst mit einer niedrigen Dosierung, die dann langsam auf die ideale Behandlungsdosis angehoben wird. Wenn der angestrebte LDL-Zielwert bei den betroffenen Patienten mit der maximalen verträglichen Statindosis nicht erreicht werden kann, gibt es Alternativen oder ergänzende Therapien.

 

Schon seit einigen Jahren verfügbar ist Ezetimib. Ezetimib hemmt die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm und wirkt synergistisch mit Statinen. Kommt es unter der Kombination von Statin und Ezetimib nicht zu einer Senkung des LDL-C Spiegels liegt ein Problem der Medikamenten-Einnahme vor. Die Sicherheit und die Reduktion von Herzinfarkten durch diese Kombinationstherapie wurde in der großen IMPROVE-IT Studie gezeigt.

 

PCSK9-Hemmer fördern LDL-Cholesterinabbau über die Leber

Eine neue Gruppe von Medikamenten, die sogenannten PCSK9-Hemmer, sind eine weitere Option, zu hohe Cholesterinspiegel zu behandeln. PCSK9-Hemmer sind Antikörper gegen ein körpereigenes Enzym (PCSK9), das am Abbau von LDL-Rezeptoren beteiligt ist. Dieser Rezeptor-Abbau verhindert, dass die Leber LDL- Cholesterin aus dem Blutkreislauf aufnehmen und abbauen kann. Die Folge: LDL- Cholesterin die Cholesterinwerte steigen, Atherosklerose entsteht. Die PCSK9-Hemmer blockieren das Enzym PCSK9. Dadurch sind auf der Leberzelle mehr LDL-Rezeptoren aktiv und es wird mehr LDL-Cholesterin abgebaut.

 

Anti-PCSK9 Antikörper werden alle 2-4 Wochen subkutan injiziert. Die ersten zugelassenen Vertreter dieser Gruppe haben sich in Studien in allen Hochrisikogruppen mit hohen LDL-Spiegeln bewährt. Sie führen in Kombination mit Statinen zu einer massiven Reduktion des LDL-Spiegels, in der Regel um 50 bis 60 Prozent, sind bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie wirksam und können auch bei Menschen eingesetzt werden, die keine Statine vertragen. PCSK9-Hemmer haben sich bisher als gut verträglich erwiesen. Am häufigsten aufgetretenen Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, Schwellung oder Schmerz. Andere Nebenwirkungen waren Symptome im Bereich der oberen Atemwege und Juckreiz.

 

Trotz zahlreicher positiver Signale fehlen derzeit noch große Endpunktstudien, in denen bewiesen wird, dass Patienten, die einen PCSK9-Hemmer erhalten, nicht nur niedrigere Cholesterinspiegel, sondern tatsächlich ein geringeres Herzinfarktrisiko haben. Mehrere solcher Studien an zehntausenden von Patienten laufen und haben schon den Patienten-Einschluß abgeschlossen, so dass bereits in den nächsten 1-2 Jahren der Effekt auf kardiovaskuläre Ereignisse beurteilt werden kann.

 

Daher sind PCSK9-Hemmer derzeit für ausgewählte Personen mit sehr hohem Risiko und hohem LDL-Cholesterin geeignet, bei denen die Behandlung mit Statin und Ezetimib nicht zu einer Cholesterinsenkung führt, die ihrem kardiovaskulären Risiko angemessen wäre.

 

(C) 2016 Prof. Dr. med. Ulrich Laufs