Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Pulmonale Thrombendarteriektomie
Prof. Dr. H.-J. Schäfers

Die pulmonale Thrombendarteriektomie

 

Inhalt:

Klinik für Thorax- und Herz- Gefäßchirurgie

Homburg/Saar

Allgemeines

Die pulmonale Hypertonie (PHT) ist eine krankhafte Druckerhöhung in den Lungengefäßen. Sie kann im Rahmen verschiedener Erkrankungen entstehen, zum Beispiel als Folge von Herzklappenfehlern oder Lungenerkrankungen. Selten tritt sie als eigenständige Krankheit auf (PAH, PPHT).

 

Eine pulmonale Hypertonie kann auch eine Folge einer oder mehrerer nicht vollständig ausgeheilter Lungenembolien sein (thrombembolische pulmonale Hypertonie). Hierbei werden die Gerinnsel, die bei der Lungenembolie in die Lungenschlagadern verschleppt werden, nicht aufgelöst. Sie bleiben in den Lungenarterien und werden über Monate in Narbe umgewandelt. Die Arterien, die nicht von Gerinnseln betroffen waren, werden nun vermehrt durchblutet und entwickeln eine Wandverdickung und Verengung. Als Resultat steigt der Druck in den Lungenschlagadern, und das rechte Herz entwickelt zunehmende Schwierigkeiten, das Blut durch die Lunge zu pumpen. Der Betroffene verspürt Luftnot bei Belastung, eine Schwellung der Füße oder Unterschenkel kann auftreten.

Diagnostik

Luftnot bei Belastung kann bei vielen Erkrankungen empfunden werden. Wichtig ist es somit, zunächst einmal die Druckerhöhung in der Lunge festzustellen. Dieses kann man mit dem Herzecho, genauer ist die Messung mit dem Rechtsherzkatheter. Im zweiten Schritt ist entscheidend, die Ursache der pulmonalen Hypertonie zu klären. Erkrankungen des Herzens können meist mit dem Herzecho gut festgestellt werden. Liegt die Ursache in der Lunge, so ist auch hier eine genaue Klärung entscheidend für die weitere Behandlung. Schwierig, aber besonders wichtig ist das Feststellen einer thrombembolischen pulmonalen Hypertonie. Hierbei findet man häufig typische Veränderungen der Durchblutungsverteilung mit einem nuklearmedizinischen Verfahren (Perfusions-Szintigramm).

 

Bild Perfusionsszinti

 

Das Computer-Tomogramm (CT) gibt weitere Hinweise auf das Vorliegen der Erkankung.

 

Bild CT

 

Häufig erhält man die genauesten Informationen durch eine Angiographie, bei der Kontrastmittel direkt in die Lungenschlagadern gespritzt wird

 

Bild Angiographie

Therapie

Eine pulmonale Hypertonie als Folge von Erkrankungen des linken Herzens bessert sich meist durch Behandlung der Herzkrankheit. Die eigenständige Druckerhöhung kann heute durch spezielle Medikamente in vielen Fällen gut behandelt werden. Die thrombembolische pulmonale Hypertonie kann demgegenüber bei den meisten Betroffenen direkt und durch eine Operation korrigiert werden. Hierbei wird das Narbengewebe aus den Lungenschlagadern herausgeschält. Die Strombahn wird so wieder eröffnet, der Druck und die Belastung des rechten Herzens vermindert. Der Patient bemerkt eine deutliche Steigerung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit, zusätzlich wird die Lebenserwartung gesteigert.

Operation

 

Der Eingriff wird in Allgemeinnarkose durchgeführt. Zur Freilegung des Herzens wird die Brustwand längs durch das Brustbein eröffnet und das Herz nach Anschluß an die Herz-Lungen-Maschine vorübergehend ruhiggestellt. Die Tätigkeit von Herz und Lungen wird von der Maschine übernommen, die Lungengefäße sind nicht mehr durchblutet und die Lungenarterien können nun zentral, wie in der nebenstehenden Abbildung gezeigt, eingeschnitten werden. Zunächst wird so die rechte Lungenarterie eröffnet und die narbigen Veränderungen bis zu den ersten Gefäßabgängen abgelöst.

Aufgrund der besonderen Gefäßversorgung der Lunge direkt aus der großen Körperschlagader strömt trotz des Anschlusses an die Herz-Lungen-Maschine immer wieder Blut in die Lungengefäße und behindert die Sicht des Operateurs. Um den entscheidenden Schritt der Operation, die Ausschälung der kleinen Lungengefäße, durchführen zu können, ist es notwendig, die Herz-Lungen-Maschine für Phasen von maximal 20 Minuten auszuschalten.

Zum Schutz Ihrer Organe wurde die Körpertemperatur deshalb seit dem Anschluß an die Herz-Lungen-Maschine auf 18°C gesenkt. Besonders geschützt werden das Gehirn sowohl medikamentös als auch durch Eispackungen um den Kopf und das Herz, das in einen Kühlmantel gehüllt wird. Nach der Ausschälung auf der rechten Seite wird die Lungenarterie wieder verschlossen und der gleiche Vorgang nach einer Phase der Wiederdurchblutung an der linken Lungenarterie ebenso durchgeführt.

Danach beginnt die Wiedererwärmung auf 37°C, die bis zu mehreren Stunden dauern kann. In dieser Zeit werden eventuell weitere notwendige Eingriffe am Herzen oder im Brustkorb, wie z. B. Herzklappenersatz oder Bypass-Operation, vorgenommen. Nach Abgang von der Herz-Lungen-Maschine und Kontrolle der Wundverhältnisse werden die Brustbeinhälften durch Drähte aneinandergefügt, die dort verbleiben und im allgemeinen keine Störungen oder Beschwerden verursachen. Zur Ableitung des Wundsekretes werden mehrere Kunststoffschläuche eingelegt, die meist nach wenigen Tagen entfernt werden können. Nach der Operation erfolgt die Verlegung auf die Intensivstation, wo Herztätigkeit, Kreislauf und Flüssigkeitshaushalt überwacht sowie durch Infusionen und Medikamente stabilisiert werden.

Mögliche Komplikationen

Es bestehen die allgemeinen Risiken ärztlicher Eingriffe, wie Thrombose und Embolie mit der Gefahr bleibender Schäden durch einen Schlaganfall, oder Blutung und durch evtl. notwendige Blutkonservengabe Infektionsgefahr durch Hepatitis- oder AIDS-Virus. Das Risiko dieser Operation ist deutlich höher als bei anderen Operationen mit Herz-Lungen-Maschine, da das Ziel der Blutdrucksenkung im Lungenkreislauf und die Entlastung des rechten Herzens nicht immer erreicht werden können. Dies kann unter Umständen zu tödlichem Herz-/ Kreislaufversagen führen.

Wegen eventueller postoperativer Herzrhythmusstörungen werden vorbeugend Schrittmacherdrähte auf Vorhöfe und Kammern aufgenäht, die den Anschluß eines Herzschrittmachers jederzeit erlauben und spätestens am siebten Tag nach der Operation entfernt werden.

Weiterhin bestehen besondere Risiken bei dieser Operation durch die Möglichkeit des Wiederverschlusses der Lungenstrombahn und des Rechtsherzversagens, des postoperativen vorübergehenden oder bleibenden Nierenversagens mit der Therapiemöglichkeit der sog. "künstlichen Niere“ (Dialyse). Selten werden meist vorübergehende Störungen seitens des Gehirnes beobachtet, die sich im Verlust der örtlichen und/oder zeitlichen Orientierung äußern können. Die aufgeführten Komplikationen sind die praktisch bedeutsamen. Zusätzlich bestehende seltenere und geringfügige Risiken sind nicht ausdrücklich erwähnt.

Erforderliche Nachbehandlung

Als Schutz vor einem Wiederverschluß der Lungengefäße ist es erforderlich, eine Blutgerinnungshemmung mit Marcumar durchzuführen, worüber Sie zu gegebenem Zeitpunkt gesondert aufgeklärt werden. Die Kontrolle des Operationsergebnisses erfolgt in erster Linie durch Herzultraschall. Zur langfristigen Überwachung werden Sie u. U. zu einer Kontrolluntersuchung einbestellt.