Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Mitralklappe
Prof. Dr. H.-J. Schäfers

Herzklappen-Operationen

Informationen zu Eingriffen an der Mitralklappe

 

Inhalt:

Klinik für Thorax- und Herz- Gefäßchirurgie

Homburg/Saar

Die Mitralklappe ist das Einlassventil der linken Hauptkammer, die ja die wesentliche Pumparbeit des Blutstroms leistet. Die Klappe soll beim Füllen der Herzkammer möglichst vollständig öffnen und somit dem Blut keinen unnötigen Druck/ Widerstand entgegensetzen. In der Auswerfphase der Herzkammer soll die Klappe schließen und keinen oder nur geringen Rückstrom des Blutes zuzulassen. Öffnet die Klappe nur wenig spricht man von einer Stenose (Einengung), schließt die Klappe nicht vollständig bezeichnet man dies als Insuffizienz.

 

 

 

 

Die Stenose führt bei einem bestimmten Schweregrad zunächst zu einer Minderdurchblutung des Körpers unter Belastung, später auch zu einer Druckerhöhung der Lungenstrombahn durch den Rückstau von Blut in Ruhe. Ab einem bestimmten Schweregrad der Erkrankung treten Veränderungen der Lungenarterien auf, die sich auch nach erfolgter Operation nicht vollständig zurückbilden können.

Die Insuffizienz belastet die Herzkammer mit zusätzlichem Blut, das in der Auswerfphase zurück in die linke Vorkammer fließt. Dieses führt zu einer Vergrößerung der linken Herzkammer und einer Zunahme der Muskelmasse. Hierbei kann eine relative Durchblutungsstörung entstehen, die in Kombination mit lang bestehender Überbelastung zu bleibenden Schäden am Herzen führen kann. Zusätzlich tritt Luftnot auf, zunächst unter Belastung, später auch in Ruhe. Die Druckbelastung der linken Vorkammer erhöht mit laufender Zeit die Wahrscheinlichkeit, dass unregelmäßiger Herzrhythmus auftritt (Vorhofflimmern).

 

Beide Arten von Funktionsstörungen der Mitralklappe können über längere Zeit stabil bleiben, d.h. das Herz kompensiert die Zusatzbelastung und der Patient spürt wenig von der Erkrankung. Bei Erreichen bestimmter Beschwerden bzw. Messwerte sind diese Klappenfehler jedoch auch mit einem Sterblichkeitsrisiko verbunden. Ziel der Operation ist es, die Klappenfunktion mit der Operation zu korrigieren, um das erhöhte Risiko abzuwenden, idealerweise bevor bleibende Veränderungen am Herzmuskel bzw. den Lungenarterien entstanden sind. Typische Zeichen sind: nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit, Luftnot bei Belastung, oder Brustschmerz. Ihr Arzt kann die für Sie zutreffenden Beschwerden und deren Bedeutung mit Ihnen besprechen.

 

Die ideale Lösung würde lebenslang eine normale Funktion behalten und ohne Nebenwirkungen sein. Leider gibt es eine solche ideale Klappenoperation noch nicht. Alle Möglichkeiten haben verschiedene Vor- und Nachteile. Hier geben wir eine Übersicht über alle Möglichkeiten, auch wenn für Ihre besondere Situation eine oder mehrere nicht sinnvoll sein mögen.

Mechanischer Klappenersatz

 

Mechanische Herzklappen heutiger Bauart gibt es seit den 1970er Jahren. Sie werden aus Kohlenstoff gefertigt, der unter hohem Druck und hohen Temperaturen in einen besonders haltbaren Zustand gebracht wird und

das Bearbeiten in die passende Form ermöglicht. Dieses Material ist von allen verfügbaren das Beste, jedoch auch nicht ideal.

 

Die Haltbarkeit dieser Klappen beträgt erwartungsgemäß mehr als 40 Jahre. Ein Nachteil der Klappe besteht jedoch in der Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln am Klappenmaterial. Um diese Neigung zu unterdrücken ist die lebenslange Einnahme von Medikamenten erforderlich, die die Blutgerinnung hemmen (z.B. Marcumar, Falithrom). Wichtige Nebenwirkung dieser Medikamente ist das Auftreten von Blutungskomplikationen, die ohne erkennbare Ursache, besonders aber als Folge von Verletzungen auftreten können. Eine sorgfältige und engmaschige Überwachung der Gerinnungshemmung ist notwendig, um das Risiko von Gerinnsel- oder Blutungskomplikationen möglichst gering zu halten. Unter sorgfältiger Kontrolle ist immer noch mit einem Gesamtrisiko solcher Komplikationen von 3 bis 3,5% pro Jahr zu rechnen.

 

In bestimmten Situationen können sich Bakterien, die im Blutstrom kreisen, an der Klappe festsetzen und eine bakterielle Klappenentzündung verursachen (sog. Endokarditis). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Endokarditis der Klappenprothese auftritt, liegt bei knapp 1% pro Jahr. Dies ist eine schwerwiegende Erkrankung, die kompromisslos mit Antibiotika behandelt werden muss und nahezu immer auch die Notwendigkeit einer Wiederholungsoperation beinhaltet. Die Blockade der Klappe durch Blutgerinnsel ist selten, kann jedoch auch eine sofortige Operation erforderlich machen.

 

Auf 20 Jahre betrachtet liegt die Wahrscheinlichkeit klappenbezogener Komplikationen bei 4 bis 5% pro Jahr, und mit einer Wiederholungsoperation muss mit 1% pro Jahr gerechnet werden.

Biologischer Klappenersatz


Biologische Herzklappen stehen ebenfalls seit den 1970er Jahren zur Verfügung. Sie sind entweder speziell aufbereitete Aortenklappen vom Schwein oder sie werden aus Herzbeutelgewebe vom Rind gefertigt. Das tierische Gewebe wird so vorbehandelt, dass es in der Lagerung haltbar ist und nach Einsetzen in den Patienten möglichst lang seine normale Funktion bewahrt. Die Prothesen werden auf ein Gerüst aufgezogen, das eine leichte Implantation möglich macht.

 

Die Neigung zur Gerinnselbildung ist bei diesen Klappen sehr gering. Die Empfehlungen lauten, Marcumar für 3 Monate nach der Operation einzunehmen. Danach kann die Hemmung der Blutgerinnung beendet werden, wenn der Herzrhythmus stabil ist. Manche Kardiologen und Herzchirurgen empfehlen langfristig die Einnahme von Aspirin (100 mg pro Tag), um das Gerinnselrisiko niedrig zu halten. Unter dieser Form der Gerinnungshemmung ist die Wahrscheinlichkeit von Blutungskomplikationen minimal. Eine Klappenthrombose tritt nicht auf. Das Risiko einer Endokarditis der Bioklappe ist nach verfügbaren Informationen identisch mit dem der mechanischen Prothese (etwa 1% pro Jahr).

 

Die Haltbarkeit der biologischen Klappen ist prinzipiell begrenzt, da im Laufe der Zeit Verschleißerscheinungen auftreten. Die Zeit bis zum Verschleiß hängt wesentlich vom Alter des Patienten ab und steigt mit zunehmendem Alter des Menschen. Bei Jugendlichen liegt die durchschnittliche Haltbarkeit bei ca. 5 Jahren, beim 50-jährigen bei ca. 9 bis 10 Jahren und beim 70-jährigen bei mehr als 15 Jahren. Der Verschleiß der Klappe macht dann eine erneute Operation notwendig. Das Risiko der Wiederholungsoperation hängt im Wesentlichen von individuellen Risikofaktoren ab, ist jedoch nur geringfügig höher als das Risiko der Erstoperation.

 

Auf 15 Jahre gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit klappenbezogener Komplikationen bei 4 bis 5% pro Jahr. Die wichtigste Komplikation ist der Verschleiß mit der Notwendigkeit der Wiederholungsoperation. Ihr Arzt kann die für Sie abschätzbare mittlere Haltbarkeit nennen.

Rekonstruktion der Mitralklappe

hinteres Mitralsegel mit gerissenen

Sehnenfäden

rekonstruierte Mitralklappe

 

 

Diese Alternative zum Ersatz der Mitralklappe ist besonders bei der Undichtigkeit (Insuffizienz) eine überlegenswerte Alternative. Die Rekonstruktion ist kein Standardverfahren, das in allen Fällen gleich ist. Vielmehr muss für jeden Einzelfall sorgfältig geprüft werden, welche Veränderungen an der Mitralklappe und der linken Pumpkammer zur Undichtigkeit führen, um dann systematisch die Abweichungen vom Normalen zu korrigieren.

Eine Aufweitung im Ring der Mitralklappe (Übergang zwischen linker Herzkammer und Vorkammer) muss korrigiert werden, hierfür wird meist ein Kunststoffring eingenäht. Besteht eine Instabilität eines oder beider Segel der Mitralklappe, so müssen diese Verformungen durch Nähte und ggf. Entfernen von instabilem Gewebe bzw. Einsatz von Flickenmaterial beseitigt werden. Auch für Verformungen der linken Herzkammer gibt es inzwischen Möglichkeiten, die zur Mitralklappe gehörigen Anteile in eine normale Form zu bringen. Im persönlichen Gespräch kann Ihnen Ihr Arzt am besten erklären, was bei Ihnen notwendig sein wird. Hierzu ist in der Regel das Vorliegen einer transösophagealen Echokardiographie hilfreich. Die letzten Entscheidungen können allerdings erst im Operationssaal getroffen werden, wenn die Mitralklappe sichtbar ist.

Die Neigung zur Gerinnselbildung ist nach Rekonstruktion gering sofern der Herzrhythmus stabil ist. Wir empfehlen die Einnahme von Aspirin (100 mg pro Tag) für die ersten 2 Monate nach der Operation. Eine Klappenthrombose tritt nicht auf. Das Risiko einer Endokarditis ist deutlich geringer als nach Einsatz einer mechanischen oder biologischen Prothese (etwa 0,2% pro Jahr). Das Operationsrisiko ist in den meisten Fällen geringer für die Rekonstruktion als für den Ersatz der Klappe.

Die Haltbarkeit der rekonstruierten Mitralklappe hängt von bestimmten anatomischen Besonderheiten des Klappenfehlers ab. Ist nur das hintere Segel befallen, so ist die Haltbarkeit (fehlende Notwendigkeit einer neuen Operation) länger als die einer mechanischen Prothese. Bei anderen Fehlern kann die Haltbarkeit geringer sein. Die Wahrscheinlichkeit klappenbezogener Komplikationen ist nach Rekonstruktion gering. Die wichtigste Komplikation ist der Verschleiß mit der Notwendigkeit der Wiederholungsoperation.

Zusammenfassung

Zusammenfassend gibt es die ideale Lösung nicht. Die Rekonstruktion bietet gegenüber den beiden Formen des Ersatzes die Vorteile von 1. geringerem Risiko der Operation und 2. weniger Problemen im laufenden Betrieb. Sie wird daher übereinstimmend von Kardiologen und Herzchirurgen als die zu bevorzugende Variante gesehen. Die Empfehlungen legen sogar nahe, den Mitralfehler unabhängig vom Vorhandensein von Symptomen zu korrigieren, wenn er eine ausreichende Schwere hat. So können dann die langfristigen (schädlichen) Umbauprozesse am Herzen vermieden werden.

 

Diese Informationen sollten im persönlichen Gespräch auf die individuelle Situation bezogen werden. Unvorhergesehene Befunde, die sich unter der Operation herausstellen, können zu einem Wechsel des Verfahrens führen. Dies trifft besonders zu für die Rekonstruktion. Um Ihrem Chirurgen zu helfen, Ihre Wünsche bestmöglich in die Tat umsetzen zu können, sollten Sie sich ein Verfahren Ihrer Wahl (Plan A) und die nächstgewünschte Alternative (Plan B) überlegen und dies mit dem Chirurgen besprechen. In extremen Ausnahmenfällen (Lebensgefahr) wird Ihr Chirurg während der Operation eine Entscheidung treffen müssen, die von Ihrem Wunsch abweichen kann.