Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Bypass-Operationen
Prof. Dr. H.-J. Schäfers

Die koronare Bypassoperation

 

Inhalt:

Klinik für Thorax- und Herz- Gefäßchirurgie

Homburg/Saar

Allgemeines

Seit der klinischen Einführung des aortokoronaren Bypassverfahrens 1967 hat sich die chirurgische Behandlung der koronaren Herzerkrankung zu einem etablierten Therapieverfahren entwickelt. Eine Vielzahl von Studien haben nachweisen können, dass besonders beim Vorliegen einer koronaren Dreigefäßerkrankung oder signifikanten Stenose des linken Hauptstamms die chirurgische Behandlung gegenüber der medikamentösen oder interventionellen Therapie einen Überlebensvorteil erbringt. Dieser wird noch deutlicher, wenn gleichzeitig die linksventrikuläre Funktion eingeschränkt ist. Somit stellt die koronare Bypassoperation heutzutage nicht nur ein Verfahren zur Behandlung der typischen Symptome (Angina pectoris) der koronaren Herzerkrankung dar, sondern bringt Überlebensvorteile für den Patienten.

Traditionell wurden in Anlehnung an Techniken der Gefäßchirurgie Segmente der Beinvenen (Abb. 1: Vena saphena magna) als Bypassmaterial genutzt. Als zusätzliche bzw. alternative Bypassmöglichkeit wurde in den 70er Jahren die innere Brustwandarterie (Abb. 1: Arteria thoracica interna) eingesetzt. Auch Arterien aus dem Unterarm (Abb. 1: Arteria radialis) oder dem Bauchraum (Arteria gastroepipoica) erwiesen sich als brauchbare Gefäße für den Einsatz in der Koronarchirurgie.

 

Abb. 1: Blutgefäße, welche in unserer Klinik routinemäßig zur Bypassoperation Verwendung finden


Langzeituntersuchungen der verwandten Bypassgefäße konnten aufzeigen, dass Bypässe aus Venenmaterial mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 40% nach 10 Jahren nicht mehr durchgängig waren, während die entsprechenden Zahlen für Arterien wesentlich höher lagen.

 

 

Abb. 2: Offenheitsraten (Haltbarkeit) von Bypassgefäßen

Vergleich von Vena saphena magna und Arteria thoracica interna


Neuere Studien haben zusätzlich deutlich gemacht, dass bei alleiniger Verwendung von Venen in der Koronarchirurgie sowohl der Vorteil der Operation hinsichtlich Überleben als auch der Symptome der koronaren Herzerkrankung im Vergleich zu mittels Arterien operierten Patienten verringert ist. Die Kombination aus einer Arterie für das jeweils wichtigste Koronargefäß und Venenbypasses für die übrigen Herzkranzgefäße stellt somit heute den Standard in der Koronarchirurgie dar.

In Anbetracht der exzellenten Langzeitergebnisse von arteriellen Bypässen erscheint es als naheliegend, die Durchführung einer Bypassoperation unter ausschließlichem Einsatz von Arterien durchzuführen. Die mittelfristigen Ergebnisse einzelner Arbeitsgruppen zeigen, dass sowohl die Lebenserwartung als auch die Lebensqualität durch die komplett arterielle Revaskularisation verbessert werden können.

 

Indikation

In unserer Klinik werden seit März 1996 in wachsender Zahl Koronarrevaskularisationen unter ausschließlicher Verwendung von Arterien durchgeführt. Wir sind dabei bestrebt möglichst bei allen Patienten unter 70 Jahren diese Operationsmöglichkeit mit Aussicht auf verbesserte Langzeitergebnisse anzubieten. Patienten mit fehlenden venösen Bypassgefäßen, aufgrund bereits entnommener, varikös veränderter Beinvenen oder nach Amputation, werden auch in höherem Alter mittels Arterien operiert.

Es wird generell die vollständige Bypassversorgung des Herzens, d.h. der Anschluss aller signifikant stenosierten Blutgefäße am Herzen mit einem Durchmesser über 1 mm angestrebt. Maximal werden zwei arterielle Bypassgefäße, linke und rechte ITA oder eine ITA und die Radialarterie des nicht dominanten Unterarmes verwandt. Die ausreichende Durchblutungsmöglichkeit der Hand des zu operierenden Unterarmes über die zweite Armarterie wird präoperativ durch den Allen-Test getestet.

Operationstechnik

Nach Eröffnen des Brustbeines erfolgt die Vorbereitung der linken Brustwandarterie. Als zweites Bypassgefäß wird meist zeitgleich die Unterarmschlagader entnommen.

Die überwiegende Zahl der Operationen werden unter Zuhilfenahme der Herz-Lungenmaschine im Herzstillstand durchgeführt um ein möglichst exaktes chirurgisches Arbeiten zu gewährleisten. Die linke ITA wird in den meisten Fällen gestielt zur Versorgung der Vorderwand verwandt. Das zweite freie Bypassgefäß wird in die Hauptschlagader eingepflanzt. Reicht die Länge des zweiten Bypassgefäßes nicht aus, erfolgt die Verbindung mit der linken ITA (sog. "T-Graft") (Abb. 3).

Falls medizinische Gründe gegen die Anwendung der Herz-Lungenmaschine sprechen, werden die Operationen am schlagenden Herzen durchgeführt.

Abb. 3: T-Graft Technik zur Bypassversorgung am Herzen


Klinische Ergebnisse

An unserer Klinik wurden in den letzten Jahren Bypassoperationen unter Verwendung mindestens einer ITA durchgeführt. Die Option der komplett arteriellen Koronarrevaskularisation gibt jungen Patienten derzeit die größte Chance auf ein möglichst langes beschwerdefreies Leben nach der Operation.