Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Fehlbildungschirurgie
Leitung: Prof. Dr. Matthias Glanemann

Fehlbildungschirurgie

Fehlbildungen im Kindesalter können prinzipiell jedes Organ oder Körperteil betreffen. Wir beschäftigen uns dabei vor allem mit den Fehlbildungen des Magen-Darmkanals, der inneren Organe und der Bauchdecke. Diese Erkrankungen werden direkt bei Geburt oder kurze Zeit danach entdeckt und sind in vielen Fällen mit einer oder wenigen Operationen korrigierbar.

 

Dennoch handelt es sich um Erkrankungen, die oft eine lebenslange Nachsorge benötigen. Für bestimmte Krankheitsbilder haben sich in den letzten Jahren sehr kompetente Selbsthilfegruppen gebildet, auf die wir hier ausdrücklich hinweisen möchten (KEKS ? Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre, www.keks.org, SOMA ? Selbsthilfeorganisation für Menschen mit anorektaler Fehlbildung, www.soma-ev.de).

 

Bei den Darmatresien handelt es sich um Verschlüsse des Magen-Darmkanals. Diese können prinzipiell an jedem Ort zwischen Speiseröhre und Anus auftreten.

 

Der Speiseröhrenverschluss (?Ösophagusatresie?) zeigt sich direkt nach Geburt. Das Neugeborene kann bereits die erste Nahrung nicht aufnehmen, es verschluckt sich dabei heftig. Hier muss innerhalb der ersten Lebenstage eine Korrektur erfolgen und die Speiseröhre dabei rekonstruiert werden. In den meisten Fällen liegt zusätzlich eine Verbindung zwischen der Speiseröhre und der Luftröhre vor, die zu trennen ist.

 

Angeborene Dünndarmverschlüsse (?Dünndarmatresie?) zeigen sich in der Regel nicht am ersten Lebenstag. Das

Neugeborene kann die ersten Mahlzeiten problemlos zu sich nehmen, erbricht jedoch im Verlauf zunehmend. Beim Erbrochenen handelt es sich dabei nicht um Magen- sondern um Darminhalt, es kann giftgrün sein. Auch hier muss der Verschluss zügig in einer Operation beseitigt werden.

 

Fehlbildungen des Enddarmes und Schließmuskels (?Analatresie?) stellen eine besondere chirurgische Herausforderung dar. Denn neben dem Verschluss des Darmes liegt zusätzlich eine unterschiedlich ausgeprägte Entwicklungsstörung des Schließmuskels dar, so dass manche dieser Kinder später Probleme haben, den Stuhl zu halten. Der verbliebene Anteil des Schließmuskels ist bei der Operation unbedingt zu schonen. Im Gegenzug leiden die Kinder mit Analatresie später häufig an Verstopfung, was ebenfalls mit dem nicht korrekt entwickelten Schließmuskel und der Operationsnarbe zusammenhängt.

 

Beim offenen Bauch (?Gastroschisis?) besteht ein unterschiedlich großer Spalt in der Bauchwand rechts neben dem Nabel, durch den Darm austritt. Hier muss direkt nach Geburt der Darm zurück in die Bauchhöhle verlagert und die Bauchwand verschlossen werden, da sonst der Darm geschädigt wird. Diese Fehlbildung wird in den meisten Fällen bereits während der Schwangerschaft im Ultraschall erkannt. Es sollte dann ein Termin zur Entbindung im Vorfeld geplant werden. So können wir nach sorgfältiger Vorbereitung direkt im Anschluss an die Entbindung die Operation vornehmen.

 

Ganz ähnlich verhält es sich beim Nabelschnurbruch (?Omphalocele?). Dabei befindet sich ein Großteil des Darmes, gelegentlich auch die Leber in der Nabelschnur. Diese stellt einen guten Schutz der Organe vor äußeren Einflüssen dar. Jedoch müssen natürlich auch hier die vor der Bauchhöhle liegenden Organe reponiert, also zurückverlagert und die Bauchwand verschlossen werden. Bei der Omphalocele liegen häufig noch andere Fehlbildungen vor, nach denen sorgfältig gesucht werden muss.

 

Doppellungen (?Duplikaturen?) des Magen-Darmtraktes können, ähnlich den Atresien, auf jeder Höhe auftreten. Sie zeigen sich allerdings oftmals erst im späteren Kindesalter. Bedeutung haben sie zum Beispiel dann, wenn sie sehr groß werden und dadurch andere Organe verdrängen. Es bleibt dann nur die operative Entfernung.

 

Die Darmschlingen liegen entsprechend einer besonderen Anordnung im Bauch. Dabei umrahmt der Dickdarm den Dünndarm. Bei abnormen Lagen des Darmes im Bauch spricht man von einer Darmfehldrehung (?Malrotation?). Der Name spiegelt die Vermutung wieder, dass der Darm während der ersten Schwangerschaftswochen eine Drehung vollziehen muss, um seine natürliche Position einzunehmen. Im Falle einer Malrotation ist der Darm zusätzlich falsch an der Bauchwand fixiert. Somit besteht ein lebenslanges Erkrankungsrisiko, allen voran des Volvulus. Hierbei kommt es zu einer plötzlichen Strangulation des Darmes aufgrund seiner außergewöhnlichen Mobilität. Der betroffene Darmabschnitt kann nur durch eine rasche Operation gerettet werden. Es können jedoch auch chronische Beschwerden, wie fehlende Gewichtszunahme, gehäuftes Erbrechen und Bauchschmerzen bestehen.

 

Bei der Gallengangsatresie handelt es sich um eine in den ersten Lebenswochen auftretende Vernarbung der Gallenwege. Die Gallenflüssigkeit, welche sich in der Leber bildet, kann nicht in den Darm ablaufen und staut sich zurück. Dies führt zu einer rasch fortschreitenden Zerstörung der Leber. Auffällig an den Kindern ist die ausbleibende Besserung der Neugeborenengelbsucht. Hier muss die Diagnose zügig gestellt werden, um operativ einen Anschluss des Galleflusses an den Darm zu ermöglichen. Oft jedoch bleibt als einzige Möglichkeit die Lebertransplantation, da die Leber bereits zu sehr geschädigt ist.

 

Wie der Name bereits vermuten lässt, stellen Gallengangszysten Aufweitungen der Gallenwege dar, entweder in der Leber oder außerhalb. Die Kinder fallen durch eine Entzündung der Gallenwege (?Cholangitis?) auf. Neben der akuten antibiotischen Therapie müssen im weiteren Verlauf die Gallengangszysten entfernt werden. Der Ablauf der Gallenflüssigkeit in den Darm muss jedoch ermöglicht werden. In der Regel kann hier eine speziell präparierte Darmschlinge den Gallengang ersetzen.