Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Dickdarm und Mastdarm
Leitung: Prof. Dr. Matthias Glanemann

Dickdarm und Mastdarm

Der Dickdarm (Kolon) gliedert sich in die Abschnitte:

  • Blinddarm (Caecum) mit Wurmfortsatz
  • Aufsteigender Dickdarm (Kolon aszendens)
  • Querverlaufender Dickdarm (Kolon transversum)
  • Absteigender Dickdarm (Kolon deszendens)
  • S-förmiger Darm (Sigma oder Kolon sigmoideum)
  • Mastdarm (Rektum)

 

 

In der Klinik wird zwischen Dickdarm und Mastdarm unterschieden, da z.B. Tumore des Mastdarmes etwas anders als Tumore des Dickdarmes behandelt werden (Strahlenchemotherapie vor einer geplanten Operation bei Mastdarmtumoren).

 

 

Erkrankungen des Dick- und Mastdarmes, die operiert werden müssen, umfassen:

  • die Wurmfortsatzentzündung (im Volksmund: ?Blinddarmentzündung?, Appendizitis) als chirurgische Ursache akuter Bauchschmerzen
  • Darmverschluss des Dickdarmes
  • Darmdurchbruch, z.B. nach Darmspiegelung, bei Divertikelkrankheit oder aber auch bei akutem Darmverschluss
  • Schwere entzündliche Darmerkrankungen durch Bakterien (Pseudomembranöse Kolitis), bei Divertikelkrankheit oder bei chronischen Entzündungen (M. Crohn, Colitis ulzerosa)
  • Akute Durchblutungsstörungen des Dickdarmes (ischämische Kolitis)
  • Dickdarmtumoren (meist bösartig, zweithäufigster Tumor in Deutschland; ca. 10% der bösartigen Tumore sind vererbt und betreffen vor allem junge Patienten)

 

Operative Therapie bei Dickdarmerkrankungen:

  • Akute Appendizitis (siehe auch akutes Abdomen):
    Wann immer möglich, streben wir die Entfernung des Wurmfortsatzes (Appendektomie) über die Schlüssellochmethode (laparoskopische Appendektomie) an. Dies hat mehrere Vorteile: Zunächst benötigt der Patient hierzu nur 3 kleine Schnitte (einen unterhalb des Nabels und jeweils einen im rechten und linken Unterbauch) und wird durch den Zugang kosmetisch nicht beeinträchtigt. Der kleine Zugang führt auch zu geringeren postoperativen Schmerzen und zur ein wenig schnelleren Genesung, so dass Patienten in der Regel am dritten Tag nach Appendektomie nach Hause gehen können. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist aber auch, dass bei der laparoskopischen Appendektomie auch die anderen Bauchorgane mitbeurteilt werden können. Denn nicht immer gelingt die Diagnose einer akuten Appendizitis auch eindeutig. Bei Frauen steht häufig die Differenzialdiagnose einer Eileiterentzündung im Raum. Liegt bereits eine fortgeschrittene Blinddarmentzündung mit Durchbruch und Bauchfellentzündung vor, steigen wir auf die Eröffnung der Bauchhöhle über einen mittleren Unterbauchschnitt um. In diesen Fällen haben wir die beste Möglichkeit, das entzündete Gewebe im Gesunden zu entfernen und den Eiter in der Bauchhöhle kräftig auszuspülen.
  • Darmresektion bei Divertikelkrankheit:
    Ausstülpungen der Dickdarmschleimhaut sind ein häufiger Befunden vor allem des alten Menschen. Die Ausstülpungen können völlig beschwerdefrei bleiben, aber auch bluten, durchbrechen oder bei langwierigen Entzündungen zu einer Einengung des Darmes führen. Eine Operation wird immer dann durchgeführt, wenn die Divertikel Probleme bereiten, d.h. wenn sie immer wieder zu Entzündungen führen, die eine Ruhigstellung des Darmes (Nüchternheit, Ernährung über zentralen Venenkatheter, Antibiotikainfusion) erfordern oder zu genannten Komplikationen führen. Wenn es zum Durchbruch eines Divertikels gekommen ist, mit schwerer stuhlverschmutzter Bauchhöhle, ist eine Notfalloperation notwendig. Hierbei müssen wir den befallenen Darmabschnitt entfernen und die Bauchhöhle mit mindestens 30 Litern steriler Lösung säubern. Wir verzichten unter Studienbedingungen auf die Anlage eines künstlichen Darmausganges und nähen die Darmenden direkt wieder zusammen. Dieses Vorgehen ist aber bei Risikopatienten (nach Herzoperation, unter Immunsuppression nach Transplantation, Dialysepatienten, Patienten im Mehrfachorganversagen) nicht empfehlenswert. Nachdem ein Darmdurchbruch bei Divertikelkrankheit eine lebensgefährliche Erkrankung ist, sollte durch rechtzeitige Entfernung des divertikeltragenden Darmabschnittes dem vorgebeugt werden. Ist die Entzündung noch nicht zu weit fortgeschritten, können wir diese Operation relativ schonend über die Schlüssellochmethode durchführen.
  • Darmresektion bei Darmkrebs
    Ein Darmkrebs wird durch eine Dickdarmspiegelung diagnostiziert. Bei Darmkrebs muss in jedem Fall eine Operation durchgeführt werden. Entweder in der Absicht, den Tumor radikal zu entfernen oder aber bei bereits fortgeschrittenen Tumoren einen akuten Darmverschluss zu verhindern. Bei radikalen Operationen wird nicht nur der tumortragende Dickdarmabschnitt, sondern auch das gesamte Lymphknotenabflussgebiet mit entfernt. Dies hat dann in der Regel die Entfernung etwa der Hälfte des Dickdarmes zur Folge, was die Patienten aber bezüglich der Dickdarmfunktion nicht beeinträchtigt. Ziel der Radikaloperation ist nicht nur die Entfernung des Darmkrebses, sondern auch die Vorbeugung von Metastasen, die in der Regel die Leber befallen. Hierzu ist manchmal auch nach der Operation eine vorbeugende und gut verträgliche Chemotherapie notwendig. Sind bereits Lebermetastasen aufgetreten, wird entweder im Rahmen der gleichen Operation oder einige Wochen später versucht, diese zu entfernen. Die Entfernung von Lebermetastasen bei Dickdarmkrebs hat ermutigende Ergebnisse und sollte wenn immer möglich durchgeführt werden. Ist die ganze Leber von Metastasen befallen, kann durch eine sog. ?palliative? Chemotherapie oder durch lokale Tumorzerstörung (Verkochen oder Erfrieren mittels einer Sonde) Linderung erzielt werden. Nachdem wegen der gefährlichen Folgen einer Darmkrebserkrankung die radikale Operation oberste Priorität hat, führen wir aus Gründen der Patientensicherheit Darmkrebsoperation nicht mit der Schlüssellochmethode, sondern über den mittleren Bauchschnitt durch. Denn über die onkologische Radikalität der Schlüssellochoperation bei Darmkrebs liegen noch keine Langzeitergebnisse vor.
  • Mastdarmkrebsoperation
    Die Behandlung des Mastdarmkrebses hat mehrere Besonderheiten. Das Hauptproblem dieses Tumors liegt darin, dass in Vergangenheit häufig der Tumor nach operativer Entfernung wieder aufgetreten war. Durch Verbesserung der Operationstechnik ist dieses aber zunehmend seltener der Fall. Seit wenigen Jahren wird auch in unserer Abteilung bei bestimmten Stadien des Mastdarmkrebses eine kombinierte Strahlen-/Chemotherapie, die gut verträglich ist, der Operation vorgeschaltet. Hierdurch kann die Rate an wiederauftretenden Tumoren nach Operation weiter gesenkt werden. Um zu entscheiden, ob eine Strahlen-/Chemotherapie durchgeführt werden muss, führen wir in unserer Abteilung eine spezielle Ultraschalluntersuchung der Darmwand durch. Wird eine Strahlen-/Chemotherapie durchgeführt, welche etwa 3 Monate dauert, warten wir noch 4 Wochen bis zur Operation. Prinzipiell stehen für die Behandlung des Mastdarmkrebses drei Operationsverfahren zur Verfügung:
    • 1.) transanal endoskopische Mikrochirurgie (TEM): dieses Verfahren wird nur an wenigen Krankenhäusern angeboten, da es hierzu spezieller Geräte und besonderer Erfahrung des Operateurs bedarf. Bei dieser Operation wird kein Bauchschnitt durchgeführt, sondern der Tumor lokal über die Öffnung des Anus in Narkose unter Einsatz eines OP-Mikroskopes ausgeschnitten. Diese Behandlungsform ist nur bei Tumoren im frühen Stadium und bestimmter sonstiger Kriterien im Gewebsbefund möglich. Der große Vorteil dieses Verfahren ist, dass es nur wenig beeinträchtigend für den Patienten ist. Die Patienten, die sich einer TEM unterziehen, müssen aber wissen, dass bei dieser Operation keine Lymphknoten entfernt werden und in einem ganz geringen Prozentsatz (etwa 3%) hier Lymphknotenmetastasen übersehen werden können. Es ist deshalb alle 3 bis 6 Monate eine Nachkontrolle notwendig.
    • 2.) Entfernung des Mastdarmes über Bauchschnitt mit vorübergehender Anlage eines künstlichen Ausgangs (tiefe anteriore Resektion). Bei dieser Operation wird der tumortragende Abschnitt des Mastdarmes mit ausreichendem Sicherheitsabstand von 1-2 cm und Anteilen des Sigma und Kolon deszendens mitsamt des Lymphknotenabstromgebietes entfernt. Die Darmenden werden bei dieser Operation wieder zusammengenäht. Nachdem jedoch diese Naht in ca. 15 % der Fälle undicht werden kann, schalten wir, zum Schutz vor den Folgen dieser Undichtigkeit, einen sog. doppelläufigen Dünndarmausgang vor. Dieser Ausgang wird nach ca. 6 Wochen, wenn wir sichergehen können, dass die Naht problemlos verheilt ist, in einer kleineren Operation ohne großen Bauchschnitt lokal zurückverlagert. Der Krankenhausaufenthalt hierfür beträgt eine Woche. Wird der Mastdarm nahezu vollständig entfernt, drohen erhebliche Beeinträchtigungen beim Stuhlgang wenn man die Darmenden einfach nur miteinander vernäht. Wir vernähen deshalb den Dickdarm zusätzlich auf eine ganz besondere Art und Weise (transverser Koloplastiepouch), um die Stuhlfunktion zu verbessern. In unserer Abteilung wird kontinuierlich an der Entwicklung neuer Operationsverfahren zur Verbesserung der postoperativen Stuhlfunktion gearbeitet.
    • 3.) Entfernung des Mastdarmes und des Anus mit dauerhaftem künstlichem Ausgang (abdomino-perineale Rektumextirpation). Bei dieser Operation wird der Mastdarm vom Bauch aus und der Anus von außen ausgeschnitten. Es wird ein Darmausgang angelegt, der nicht mehr zurückverlegt werden kann. Diese Operation ist nur bei sehr tief sitzenden Tumoren notwendig, die den Schließmuskel befallen. Oft kann erst während der Operation durch eine sog. mikroskopische Schnellschnittuntersuchung entschieden werden, ob tatsächlich aus Gründen der kompletten Tumorentfernung eine derartige Operation notwendig ist.
  • Entfernung des gesamten Dickdarmes
    Die Entfernung des gesamten Dickdarmes ist dann notwendig, wenn entweder durch schwerste Entzündungen oder Durchblutungsstörungen die Darmwand stark geschädigt ist, oder eine Darmkrebserkrankung mit genetischer Ursache vorliegt. Bei letzteren Patienten würde ein Zurückbelassen von Anteilen des Dickdarms mit einem zu hohen Risiko für die Entwicklung eines weiteren Darmkrebses vergesellschaftet sein. Ein Sonderfall liegt bei Patienten mit Colitis ulzerosa vor. Diese Erkrankung zählt wie der M. Crohn zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, deren Ursache nicht genau geklärt ist. Im Gegensatz zum M. Crohn befällt die Colitis ulzerosa aber nur den Dickdarm, das heißt, diese Erkrankung ist durch die komplette Entfernung der Dickdarmschleimhaut potentiell heilbar. Zudem hat die Colitis ulzerosa ein nicht zu vernachlässigendes Risiko für das Auftreten von Darmkrebs bereits in sehr jungen Lebensjahren. Die Notwendigkeit der Entfernung des Dickdarms bei Colitis ulzerosa besteht, wenn auch nach konsequenter Kortisoneinnahme über Jahre die Krankheit nicht zu beherrschen ist bzw. ernsthafte Nebenwirkungen der Kortisontherapie (Wachstums- und Reifungsstörungen bei Kindern, schwere Osteoporose) zu befürchten sind. Bei langem Verlauf und beginnenden Veränderungen der Darmschleimhaut empfehlen wir die Entfernung des Dickdarms zur Vorbeugung von Darmkrebs.
    Die Entfernung des Dickdarmes hat zur Folge, dass ein endständiger Dünndarmausgang angelegt wird. Nachdem der Dickdarm die Funktion hat, den Speisebrei durch Rückresorption von Wasser einzudicken, treten nach Entfernung des Dickdarmes höhere Wasserverluste auf. Dies muss durch vermehrtes Trinken kompensiert werden. In bestimmten Fällen belassen wir den letzten Abschnitt des Mastdarmes und Vernähen den Dünndarm mit dem Mastdarmrest um einen künstlichen Ausgang zu vermeiden. In diesen Fällen muss man sich aber auf Durchfälle einstellen, die nicht immer gut mit Medikamenten beherrscht werden können.