Saarland University Faculty of Medicine
Hypotrichose mit juveniler Makuladystrophie (HJMD)
Prof. Dr. Peter Lipp

Hypotrichose mit juveniler Makuladystrophie (HJMD)

Definition:


HJMD ist eine Erbkrankheit, die bei Betroffenen vermindertes Haarwachstum sowie Sehverlust verursacht[1].

 

 

 


 

 

Ätiologie:


Die Krankheit wird durch eine Mutation im CDH3-Gen, welches zum Calcium bindenden Protein P-Cadherin kodiert, verursacht. Als ein Cadherin ist dieses Protein immer an einer Adherens Junction beteiligt und kommt besonders verstärkt im Bereich der Haarfolikel und des retinalen Pigmentepithels vor. Aus diesem Grund ist hier der Zell-Zellkontakt durch die fehlende Produktion des Proteins nicht möglich[2].

Bei dem retinalen Pigmentepithel, kommt es dann nicht zu einer geordneten einschichtigen Anreihung, wie es üblich der Fall wäre, wenn das Adhäsionsprotein P-Cadherin normal produziert wird. Da P-Cadherin, unter den verschiedenen Adhäsionsproteinen in dem RPE, in den reifen RPE-Zellen eindeutig in der größten Menge vorhanden ist, spielt es die wichtigste Rolle bei dem Zusammenhalt der RPE-Schicht[3], die für die Instandhaltung bzw. Pflege der mit ihr verbundenen Lichtsinneszellen sorgt. Wenn die RPE-Schicht durch mangelnden Zell-Zellkontakt nicht mehr intakt ist, beginnen sich sogenannte Drusen zu bilden, welche aus nun nicht mehr abbaubaren Stoffwechselabfällen der Lichtrezeptoren bestehen. Durch diese Drusenbildung werden nun sowohl die Lichtrezeptoren in dem Bereich der Makula, als auch die Makula selbst zunehmend zerstört[4].

Bei dem Haarfollikel ist es so, dass sich die P-Cadherine spezifisch an der Haarplakode, unter anderem auch Haarkeim genannt, befinden. Die Haarplakode ist eine epidermale Verdickung, also eine Verdichtung von Zellen in der Epidermis. Aus diesen Verdickungen würde sich normalerweise über mehrere Stadien hinweg jeweils immer ein Haarfollikel entwickeln[6]. Weil hier jedoch bei einer mit HJMD erkrankten Person nicht genug P-Cadherine produziert werden, kommt es zu keiner genügenden Zell-Zelladhäsion, wodurch es sehr wahrscheinlich zu deutlich weniger Verdickungen in der Epidermis kommt, die zu der Bildung von Haarfollikeln führen würden. Dies gibt sich in der Hypotrichose von außen zu erkennen.


Vorkommen:


Als autosomal rezessive Erbkrankheit kommt HMJD bei Kindern mit Eltern vor, welche jeweils ein mutiertes CDH3-Gen besitzen und an das Kind vererbt haben. Während die Hypotrichose die Betroffenen ihr Leben lang begleitet, macht sich die Makuladystrophie erst in der Jugend bemerkbarer. Die Häufigkeit der Krankheit wird auf viel weniger als 1 : 1.000.000 geschätzt, während nur zwischen 50 und 100 Fälle seit der Erstbeschreibung beschrieben wurden[9].

 

 

 


 

 

Klinik:


Betroffene besitzen sehr spärlichen Haarwuchs, also eine Hypotrichose, welche sich jedoch auf das Haupthaar beschränkt. Zusätzlich bildet sich schon im jungen Alter eine zunehmende Verschlechterung der Sehschärfe sowie dem Erblinden im Sehzentrum aufgrund der Makuladystrophie aus[9].

 


 

 

Diagnostik:


Aufgrund der Hypotrichose sollte spätestens zu der Einschulung eine Untersuchung des Augenhintergrundes stattfinden, um so möglichst eine Veränderung der Makula ausschließen oder aber auch feststellen zu können, da normale Vorsorgeuntersuchungen hierauf keinen Aufschluss geben können[9].

 

 

 


 

 

 

Therapie:


Eine richtige Therapiemöglichkeit ist noch nicht bekannt. Wenn die Mutation des betroffenen Gens jedoch in Form einer Nonsense-Mutation vorliegen würde, könnte man theoretisch durch das Verabreichen bestimmter Stoffe eine „Read-Through-Terapie“ durchführen, wodurch das durch die Mutation neu eingesetzte Stopcodon in der Basensequenz einfach überlesen werden kann, damit das Protein P-Cadherin in brauchbarer Form gebildet wird. Dies ist jedoch allein bei eng begrenzten Mutationen vorstellbar[9].

 

 

 


 

 

 

 

Prognose:


Die Degeneration der Makula schreitet unterschiedlich schnell weiter voran, bis sie zwischen dem 10. und dem 40. Lebensjahr zu einer kompletten Erblindung führt, da hier die höchste Dichte an Sinneszellen im Auge vorliegt. Abgesehen davon entwickeln sich Betroffene gesund und besitzen somit einer normale Lebenserwartung[1].

 


 

Quellen:


[1] https://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?Lng=DE&Expert=1573

[2] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022202X15332085

[3] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0191279

[4] https://www.netdoktor.de/krankheiten/makuladegeneration/

[5] https://med-fom-opthalmology.sites.olt.ubc.ca/files/2013/11/WebsiteFig1.jpg (Abb.1)

[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2995294/

[7] https://accessmedicine.mhmedical.com/data/books/gold8/gold8_c086f001.png (Abb.2)

[8] https://4.bp.blogspot.com/-ujmVBXBaZpg/VGMtmFL694I/AAAAAAAAAE0/r-49K7iwvqw/s1600/gh.png (Abb.3)

[9] https://www.hjmd.de/krankheitsbild/

[10] https://ars.els-cdn.com/content/image/1-s2.0-S245199361630158X-gr1.jpg (Abb.4)

 

 


 

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