Saarland University Faculty of Medicine
Geschichte
Prof. Dr. Peter Lipp

Geschichte

Für das Erscheinen der apparativen Diagnostik in der Medizin spielten die Entdeckung und Erforschung der physikalischen Gesetze eine entscheidende Rolle. So ermöglichten physikalische Erkenntnisse und deren Bezug zur Biologie, mit der entsprechenden Technik kombiniert, eine neue Betrachtung des Lebens als Zusammenspiel verschiedenster Systeme.

 

Diese Systeme arbeiten auf so kleiner Ebene, dass sie für die menschlichen Sinnesorgane nicht wahrnehmbar sind. Die Rede ist hier zum Beispiel von Stoffwechselprozessen auf molekularer Ebene oder von Verdauungsprozessen, die im Inneren des Körpers ablaufen und so für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind. Die Herz- oder Atemgeräusche sind Beispiele für Geräusche, die nur bedingt oder gar nicht ohne Hilfe vom menschlichen Ohr wahrgenommen werden können. So liegt vieles im Körperinneren verborgen, für das sich der Mensch einiger Hilfen bedienen muss, um diese Prozesse sichtbar oder hörbar zu machen.

 


www.degum.de/degum/historie-museum/geschichte-der-diagnostischen-sonographie.html


Entdeckt, erforscht, getestet und angewandt wurde der Ultraschall vorerst nur als eine rein technische Komponente. So entdeckte Curie schon 1880 den piezoelektrischen Effekt1 an verschiedenen Kristallen. Dieser beschreibt die elastische Verformung und die dabei entstehenden elektrischen Spannungen. Den Ultraschall zu erzeugen und als Informationsquelle zu nutzen, gelang allerdings erst 1913 dem Physiker Becquerel1.

 

Seit 1929 gibt es ein Durchschallungsverfahren, mit dem eine Werkstoffüberprüfung durchgeführt werden kann, um Materialien auf ihre auch innerliche Unversehrtheit zu testen. Eine medizinische Bedeutung bekam der Ultraschall im Jahre 1934, als es der Firma Siemens in Erlangen gelang, ein Ultraschallgerät zur Behandlung von Tumoren zu entwickeln, das HIFU-Verfahren1. Dabei werden hochintensive Ultraschallwellen genutzt, um Temperaturanstiege im Tumorgewebe zu erzeugen, die den Tumor abtöten sollen.


Erste Bilder erstellte der österreichische Neurologe K. Th. Dussik um 19383 bei der Beschallung der Gehirnventrikel zu diagnostischen Zwecken. Im darauffolgenden Krieg kamen immer neue Erkenntnisse ans Licht, die dazu führten, dass Patienten in Öl- oder Wasserbädern untersucht wurden, da so die Bilder an Qualität und Aussagekraft gewannen. Um etwa 1954 gab es den Compound-Scanner3, der dem Untersuchenden zweidimensionale Bilder lieferte. Jedoch mussten bei dieser Untersuchungsmethode bestimmte Patientenkonstitutionen erfüllt sein, damit die Technik ihre Anwendung finden konnte. Beispielsweise musste der Patient unter schweren Bleiplatten gelagert werden. Außerdem waren hohe Intensitäten notwendig, die noch nicht in verschiedenen Graustufen interpretiert werden konnten. Um diesen Komplikationen zu entgehen, entwickelte der Gynäkologe I. Donald den Ultraschall weiter und entwickelte den Kontakt-Compound-Scanner.

 

www.ob-ultrasound.net/project/denver_compound_2.jpg

 

 

Damit war es im Jahre 19573 nicht mehr notwendig, die Patienten in ein Bad zu setzen, der Scanner wurde von Hand direkt auf der Hautoberfläche eingesetzt. Fast zeitgleich um 19601 arbeiteten die Siemenswerke in Erlangen an einer weiteren Interpretationsform des Ultraschalls, dem Real-Time Scan und erfanden den „Schnellen B-Scan3. Er war dazu bestimmt, mit ca. 16 Bildern pro Sekunde bewegte Bilder in Form eines Videoscans zu erstellen.

Seit dieser Zeit ist der Ultraschall aus der ärztlichen Diagnostik nicht mehr wegzudenken, die Geräte werden immer populärer und bezahlbarer. Die zunehmende Digitalisierung und Verbesserung der Datenanalyse ermöglichen es seit 1990dreidimensionale Bilder3 aus einer Ultraschalluntersuchung zu gewinnen1 oder im selben Untersuchungsschritt akustische Signale zu einem sich bewegenden Bild zu erhalten. Letzterer Punkt lässt einen Blick in die Zukunft vermuten: Laut einem Interview des Radiosenders „Deutschlandfunk“ mit leitenden Forschern „werden die Möglichkeiten des Ultraschalls aber noch immer nicht ausgeschöpft.“2

 

Siehe dazu auch 


 

 

Quellen:

1)     Vorlesungsfolien VL „SuW_3_Ultraschall_WS2019_2020 nach Dr. Stefan Münkner vom 23.10.2019

2)     https://www.deutschlandfunk.de/ultraschall-das-stethoskop-der-zukunft.709.de.html?dram:article_id=250259

Ein Interview von Christina Sartori, das im Auftrag des Radiosenders „Deutschlandfunk“ mit verschiedenen Ärzten in Deutschland und der Schweiz geführt wurde

3)     https://www.degum.de/nc/degum/historie-museum/geschichte-der-diagnostischen-sonographie.html?sword_list%5B0%5D=geschichte

Die Rubrik „Historie & Museum“ auf der Internetseite der „Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin“ e.V.

 

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