Saarland University Faculty of Medicine
Allgemeine Informationen und Gründe
Prof. Dr. Peter Lipp

Impfungen schützen das Individuum und die Gesellschaft vor Infektionskrankheiten.

Unter einer Impfung versteht man die Gabe von Impfstoffen (Vakzine) oder Immunseren mit dem Ziel, den Organismus gegen eine Infektionskrankheit immun zu machen.1.1

Infektionskrankheiten werden häufig unterschätzt. Es kann für Infizierte tödlich enden, zu schweren Komplikationen kommen und eventuell bleibenden Schäden mit sich ziehen, da es bei vielen Infektionskrankheiten keine wirksame Behandlung gibt.
Schutzimpfungen sind die wirksamste Prophylaxe gegen Infektionskrankheiten.1.2 Impfkomplikationen kommen nur noch sehr selten vor und jeder Verdacht auf ungewöhnliche Impfreaktionen wird durch Meldesysteme analysiert und untersucht. Nach einer Impfung können vorübergehende Nebenwirkungen, wie Fieber oder Gelenkschmerzen auftreten, bleibende Schäden entstehen jedoch in den meisten Fällen nicht, was belegt wird durch die vom Paul Ehrlich Institut veröffentlichen Daten über anerkannte Impfschäden.1.3
In Deutschland besteht keine Impfpflicht, es werden dennoch eine Reihe von Schutzimpfungen empfohlen. Die meisten Impfungen müssen regelmäßig aufgefrischt werden, um den Impfschutz des Individuums zu erhalten.1.4
Darüber hinaus dient die Immunisierung auch dem weltweiten Zurückdrängen von Infektionskrankheiten. Je höher der Anteil von Immunisierten in einer Bevölkerung ist, desto mehr wird der betroffene Erreger in seiner Zirkulation eingeschränkt. Folglich wird die Ausbreitung des Erregers deutlich vermindert. Weiterhin wird bei hoher Durchimpfungsrate in einer Population die Ansteckungswahrscheinlichkeit von ungeimpften Bevölkerungsmitgliedern verringert, wie die nachstehende Abbildung verdeutlicht. Dieser Gemeinschaftsschutz wird auch als „Herdeneffekt“bezeichnet. Der eigene Impfschutz stellt somit gleichzeitig einen indirekten Schutz für die Gemeinschaft dar. 1.5
Mithilfe dieser Durchimpfungsraten wurden Pocken bereits vollständig ausgerottet und viele Infektionskrankheiten wie Poliomyelitis eingedämmt.1.6

Das Beispiel der Grippeschutzimpfung

Was sind die klassischen Symptome der Grippe?

Die Erkrankung an Grippe geht mit einem Krankheitsgefühl mit Fieber, Hals-, Muskel-, Glieder-, Rücken- und Kopfschmerzen, Husten und Schwäche einher. Diese Symptome halten dann meist zwischen 5 und 7 Tagen an. Schwere Komplikationen der Grippeerkrankung (wie Lungen- oder Herzmuskelentzündung) stellen besonders für Risikopersonen ein hohes Risiko dar.1.7

Für wen wird die Impfung besonders empfohlen
Dazu gehören zum einen Menschen über 60 Jahren, da bei älteren Menschen durch ihr schwächeres Immunsystem die Grippe zu schweren Komplikationen führen kann. Darüber hinaus sollten sich gesunde Schwangere ab dem 4. Schwangerschaftsmonat gegen Grippe impfen lassen. Auch für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einer Grunderkrankung ist die Grippeimpfung nötig. Ebenso sollten sich Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und Personen, die ein hohes Risiko haben, mit Grippeviren in Kontakt zu kommen, dagegen impfen lassen.
Für gesunde Kinder, Jugendliche und Erwachsene unter 60 Jahren besteht derzeit keine ausdrückliche Impfempfehlung, aber es wird auch nicht davon abgeraten.1.8

Wer sollte nicht gegen Grippe geimpft werden? 
Leidet man an einer fieberhaften Erkrankung oder einer akuten Infektion, sollte man nicht geimpft werden.1.9

Wann ist die Grippeimpfung sinnvoll? 
Der beste Zeitpunkt für die Grippeimpfung ist im Oktober und November. Der Aufbau des vollen Impfschutzes dauert zwischen 10 und 14 Tagen. 
Jedes Jahr im Januar oder Februar setzt in Deutschland eine mehr oder weniger starke Grippewelle ein, da Grippeviren kühle Temperaturen brauchen, um sich auszubreiten und im Winter zusätzlich viele Menschen in einem Raum sind, was die Ausbreitung erleichtert. Eine außergewöhnlich starke Grippewelle gab es im Jahr 2017/18, bei der laut des Robert-Koch-Instituts 25.000 Menschen das Leben verloren. 
Wichtig ist eine jährliche Impfung gegen Grippe, da sich das Ergbut der Grippeviren jedes Jahr verändert und je nach Saison unterschiedliche Typen überwiegen. Einmal geimpft, schützt die Impfung über die ganze Grippesaison und es ist keine Auffrischung nötig.1.10

Wie werden die Impfstoffe jedes Jahr zusammengesetzt
Im Laufe des Jahres können Experten abschätzen, aus welchen Subtypen sich das Grippevirus in der bevorstehenden Grippesaison zusammensetzen wird. Dementsprechend legt die WHO die Zusammensetzung des Impfstoffs auf Grundlage der weltweit zirkulierenden Virus-Varianten jedes Jahr aufs Neue fest. Für die Grippesaison 2019/20 erwarten die Experten weiterhin den Virus A als vorherrschenden Grippetyp. Die WHO empfiehlt dafür eine Impfung mit einem tetravalenten Impfstoff, also einem Impfstoff, der aus 4 Virusstämmen besteht. 
Früher gab es nur Dreifach-Impfstoffe (= trivalente Impfstoffe), aber seit der Grippesaison 2018/19 sollte jede Impfung mit einem Vierfach-Impfstoff erfolgen, der vor 2 Influenza A- und 2 Influenza B-Typen schützt.1.11

Wie lassen sich die Impfstoffe unterscheiden
Es gibt einmal den Totimpfstoff, der inaktivierte Viren oder Bestandteile der Viren enthält. Die Grippeviren sind also abgetötet und nicht mehr infektiös. Unser Immunsystem reagiert bei der Impfung auf diese Viren und bildet Antikörper dagegen, sodass das Immunsystem bei einer Infektion mit einem der 4 Virusstämme bereits vorbereitet ist und die Krankheit abwehren kann, indem die Viren mit Antikörpern bekämpft werden. Der Totimpfstoff wird mit einer Spritze in den Muskel oder die mittlere Hautschicht injiziert, da sich dort besonders viele Immunzellen befinden.
Neben dem Totimpfstoff gibt es bei der Grippeimpfung auch einen Lebendimpfstoff. Dieser kann bei Kindern im Alter von 2-17 Jahren in Form von Nasenspray angewendet werden. Bei Grunderkrankungen wie Asthma oder Immunschwäche sollte die Grippeimpfung mit dem Nasenspray nicht erfolgen.1.12

 

Grippeimpfung als Gefahr?

Die Grippeimpfung gilt als gut verträglich, möglich sind dennoch eine Rötung oder Schwellung der Einstichstelle oder Impfreaktionen wie Frösteln, Müdigkeit, Übelkeit, Krankheitsgefühl oder Muskelschmerzen. Diese sollten aber nach spätestens 2 Tagen wieder abklingen.1.13

Kann man trotz Impfung an Grippe erkranken
Die Impfung bietet keinen hundertprozentigen Schutz. Geimpft ist man nur gegen 4 Viren. Sollte ein 5. Erreger auftreten, wirkt die Impfung nicht. Dies ist aber eher unwahrscheinlich, da die WHO die Impfstoffe immer nach den am häufigsten auftretenden Viren im jeweiligen Jahr auswählt. Bei einer guten Übereinstimmung der zirkulierenden Grippeviren mit dem Impfstoff wurde bei jungen Erwachsenen eine Schutzwirkung bis zu 80 Prozent beobachtet.
Erkranken Geimpfte dennoch, verläuft die Grippe milder. 
Außerdem ist auch eine Ansteckung vor oder nach der Impfung möglich, wenn zum Zeitpunkt der Ansteckung noch keiner oder kein vollständig ausgebildeter Schutz vorhanden ist. Insgesamt kann man sein Risiko, an Grippe zu erkranken durch die Impfung erheblich reduzieren.1.14

 

Masern – Die unterschätzte Gefahr

Masern sind eine Weltweit verbreitete und hoch ansteckende Virusinfektion. Sie zählt zu den ,,Kinderkrankheiten‘‘, jedoch erkranken zunehmend auch Jugendliche und Erwachsene. Die Krankheit verläuft in zwei Stadien. Im ersten Stadium treten zunächst grippeähnliche Beschwerden wie z.B. Husten, Halsschmerzen und ein Fieberschub auf. Außerdem bekommt der Betroffene Koplik-Flecken, dabei handelt es sich um weißliche Flecken auf der Mundschleimhaut. Im zweiten Stadium tritt der typische Ausschlag (s.u. Abbildung) auf und ein weiterer stärkerer Fieberschub. In der Regel heilt die Krankheit problemlos aus, jedoch ist nicht zu vernachlässigen, dass bei 10-20% der Erkrankten Komplikationen auftreten und bei 1 von 1000 Erkrankten kann die Krankheit mit dem Tod enden.1.15

Die Einführung der Masernimpfung hat zwar zu einem Rückgang der Masernerkrankung in Deutschland geführt, jedoch sind die Impfquoten nicht in allen Regionen Deutschlands ausreichend hoch, um einen Herdenschutz auszubilden. Der von der Weltgesundheitsorganisation vorgegebene Indikator für eine erfolgreichen Herdenschutz liegt bei einer Inzidenz von <1 Erkrankung pro eine Million Einwohner. Kinder unter einem Jahr können noch nicht geimpft werden, sodass diese von hohen Impfquoten in ihrer Umgebung profitieren würden.1.16

Die Masernimpfung

Es handelt sich um eine aktive Impfung. Abgeschwächte Masernviren ohne krankmachende Wirkung werden geimpft und das Immunsystem reagiert mit Bildung spezifischer Antikörper gegen die Masernviren. Die spezifischen Abwehrstoffe sind nach 4-6 Wochen im Blut nachweisbar. Für die volle Schutzwirkung sind zwei Impfdosen notwendig. Die erste Dosis soll zwischen dem 11-14 Lebensmonat erfolgen. Dies wird von der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut empfohlen. Die zweite Dosis kann erfolgen, wenn vier Wochen nach der ersten Dosis vergangen sind. Es handelt sich um eine Kombinationsimpfung (Masern-Mumps-Röteln). Eine Impfung mittels passiver Immunisierung ist ebenfalls möglich, wenn eine Ansteckung vermutet wird oder ebenfalls für Schwangere. Der Schutz hält im Gegensatz zu der aktiven Impfung nur für einen begrenzten zweitraum an. Die Impfung verläuft in den meisten Fällen ohne Komplikationen. In einigen Fällen kommt es zu Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen an der Einstichstelle oder zu grippeähnlichen Symptomen. Diese Symptome klingen jedoch schnell ab. Bei 5% der geimpften kommt es nach zwei Wochen zu Impfmasern, diese sind jedoch nicht ansteckend. 1.17

 

Deshalb sollte geimpft werden

Bei einer Masernerkrankung kann es zu Komplikationen wie einer Mittelohrentzündung, Lungenentzündung, Bronchitis, Durchfall-Erkrankung oder sogar einer Enzephalitis kommen. Als Spätfolge erkranken von 100.000 Masern Patienten 4-11 an einer chronischen Gehirnentzündung. Besonders anfällig sind Kinder unter 5 Jahren. In dieser Altersgruppe gibt es ca. 20-60 Fälle pro 100.000 Erkrankten.1.18

Extreme Ansteckungsgefahr! 95% der Menschen, die nicht geimpft sind und mit Masernviren in Kontakt treten erkranken. 1.19

Eine mehrwöchige Abwehrschwäche! Erkrankte sind über mehrere Wochen anfällig für Krankheitserreger. 1.20

Die Impfung ist sicher und effektiv! Unter 16 Millionen Impfdosen kommt es nur zu 7 schwerwiegenderen Komplikationen. Bei diesen ist nicht nachweisbar, ob die Erkrankung Zufall oder eine tatsächliche Folge ist. Die Impfung bringt eine Lebenslange Immunität gegen Masernviren. 1.21

Masern haben einen langfristigen Einfluss auf das Immunsystem! In Folge einer Erkrankung an Masern kommt es zu Zerstörung zahlreicher im Laufe des Lebens gebildeter Antikörper. Der Körper kann bestimmte Erreger nicht mehr Abwehren und ist wieder anfällig für bereits überstandene Infektionen. Die Maserninfektion reduziert also die Vielfalt der Antikörper gegen diverse Krankheitserreger drastisch. Das Immunsystem ist für Jahre geschwächt. Die Impfung verhindert diese Immunschwäche und ein höheres Erkrankungs- und Todesfallrisiko für bis zu 5 Jahren. 1.22

 

 

Noch nicht geimpft? Schütze Dich und Dein Umfeld und hole die Impfung nach!