Saarland University Faculty of Medicine
Elektrophorese
Prof. Dr. Peter Lipp

Elektrophorese

 

Die Elektrophorese ist die Wanderung elektrisch geladener Teilchen durch einen als Trägermaterial dienenden Stoff in einem elektrischen Feld. Sie gilt als eine der wichtigsten biochemischen Analyseverfahren von Strukturen der DNA, RNA und Proteinen, also zum Beispiel für die Trennung von Aminosäuren, Peptiden, Nukleotiden und Nukleotidsäuren aufgrund ihrer jeweiligen Mobilität.

 

Elektrische Mobilität

Sie ist die Summe vieler physikalischen Faktoren, die bei zwei zu trennenden Strukturen unterschiedlich sein muss, da sie deren Wanderungsgeschwindigkeit beeinflusst.

Dabei gilt die Formel F=q*E= Ladung * Feldstärke des elektrischen Feldes, also die Kraft, die auf die Teilchen wirkt, damit diese sich bewegen.

 

Die Wanderungsgeschwindigkeit v ist proportional zur Feldstärke E und Nettoladung z, sowie umgekehrt proportional zum Teilchenradius r und der Viskosität (=Zähflüssigkeit) "µ" des Stoffes. Die Abhängigkeit der Wanderungsgeschwindigkeit von der elektrischen Feldstärke E, der Nettoladung eines Stoffes z, sowie vom Reibungskoeffizienten f lässt sich durch die Formel v=E*z/f beschreiben.

Dabei gilt, dass das Produkt von E*z die elektrische Kraft und das Produkt von f*v die Reibungskraft beschreibt. Diese beiden Kräfte wirken während der Elektrophorese gegensätzlich auf die zu trennenden Strukturen.

Der Reibungskoeffizient f ist wiederum abhängig von Masse und Gestalt des wandernden Moleküls, sowie von der Viskosität des Mediums. Dieses Verhältnis wird mit der Formel f= 6*π*µ*r*v beschrieben, wobei 6*π*µ die idealisierte Größe eines Teilchens angibt.

Die theoretische elektrophoretische Mobilität (d.h. ungeachtet des Trägermediums) kann dadurch mit  v/E=p/6*π*r*µ beschrieben werden.

 

Gelelektrophorese

Die Gelelektrophorese ist eine wichtige Methode zur Auftrennung von Stoffgemischen elektrisch geladener Stoffe bzw. deren Fragmente. Dabei wandern Moleküle innerhalb eines Gels unter der Wirkung des elektrischen Feldes in Abhängigkeit von der Ladungszahl und Molekülmasse unterschiedlich schnell zu den jeweiligen Polen. Der Grund dafür ist, dass das Verhältnis vom Teilchenradius und der Porenweite des als Trägermedium dienenden Gels als Molekularsieb wirkt und so die Wanderungsgeschwindigkeit bestimmt. Je größer das Teilchen ist, desto langsamer wandert es aufgrund von Reibungskräften und elektrostatischen Wechselwirkungen durch das Gel. Gleichzeitig gilt, je größer die Poren des Gels sind, desto schneller können sich kleinere Teilchen bewegen. Die Auftrennung der einzelnen Strukturen erfolgt demnach entsprechend ihrer elektrischen Mobilität.

 

Gele

Bei der Gelelektrophorese kommen verschiedene Gele zum Einsatz. Die zwei am häufigsten verwendeten Gele sind das Agarosegel (meist für DNA) und das Polyacrylamidgel (meist für Proteine), da die Porengröße dieser Gele den individuellen Proben angepasst werden können. Dies ist durch den Konzentrations- bzw. Vernetzungsgrad des Gelbildners möglich.

 

Varianten

Zwei wichtig und häufig angewandte Varianten der Gelelektrophorese sind die native und die denaturierende Gelelektrophorese.

 

1. Native Gelelektrophorese

Für diesen Prozess wird die Abkürzung CN-PAGE = colourless native polyacrylamid gel elektrophoresis verwendet. Es ist eine Variante der Gelelektrophorese, bei der gefaltete (=native) Strukturen aufgetrennt werden. Sie ist vorteilhaft, weil die physiologischen Eigenschaften der Probe während der Auftrennung erhalten bleiben. Zudem kann man mit der nativen Gelelektrophorese bestimmte Proben auftrennen (z.B. manche phosphorylierte Proben), biologisch relevante Konformationen aufrecht erhalten und Komplexbildungen der Probe nachweisen.

Die Variante ist abhängig von der Eigenladung der Probe, sodass das gewählte Puffersystem immer abhängig von dem spezifischen isoelektrischen Punkt (=bestimmter PH-Wert) der Probe gewählt wird. Um die Proben während der Gelelektrophorese gefaltet zu halten, müssen die Puffer an die Probe angepasst werden (z.B. durch Vorbehandlung des Gels) und eventuell Kofaktoren (zB. Kationen, Nukleotide) zum Puffer oder Gel hinzugefügt werden, um die Aktivität und Stabilität der Probe gewährleisten zu können.

Nach dieser Auftrennung mit der nativen Gelelektrophorese können spezifische Eigenschaften von Proteinen im Gel nachgewiesen werden, zum Beispiel, ob bestimmte Enzyme vorhanden sind.

 

2. Denaturierende Gelelektrophorese

Die denaturierende Gelelektrophorese wird mit SDS-PAGE= sodium dodecylsulfat polyacrylamid gel elektrophoresis abgekürzt. Sie wird häufig auch Polyacrylamid-Gelelektrophorese oder diskontinuierliche Gelelektrophorese genannt. Bei dieser Variante werden durch Denaturierung entstandene Ladungsunterschiede aufgehoben und Moleküle ihrer Masse nach getrennt. Die Variante wird als Disk-Elektrophorese durchgeführt, bei der das Gel der Elektrophoresekammer in Sammel- und Trenngel aufgeteilt ist. Zunächst wandern gestreckte Polypeptidketten von der Kathode ausgehend durch das Sammelgel und dann durch das Trenngel in Richtung Anode. Das Sammelgel weist 3 Diskontinuitäten gegenüber dem Trenngel auf (deshalb Disk-Elektrophorese):

Das Sammelgel ist grobporiger, es hat einen niedrigeren pH-Wert und eine geringere Leitfähigkeit. Entscheidend für den Verlauf der Gelelektrophorese ist der unterschiedliche pH-Wert. Der Gelpuffer beim Sammelgel-pH enthält ein voll ionisiertes, schnell bewegliches Ion (Gamma) und ein teilweise ionisiertes und daher langsamer bewegliches Ion (Alpha), sowie ein gemeinsames Gegenion (Beta). Die Mobilität des Gamma-Ions ist am größten, während die Mobilität des Alpha-Ions geringer ist als die der zu trennenden Strukturen. Aus diesem Grund bildet sich beim Anlegen einer Spannung ein Ionenstapel im Sammelgel. Dieser besteht aus eng beieinander liegenden Banden und bewegt sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit durch das Sammelgel in Richtung der Anode.

An der Trennschicht zwischen Sammel- und Trenngel ändert sich der pH-Wert, sodass das bisher teilweise ionisierte Alpha-Ion nun vollständig ionisiert wird. Dadurch erhöht sich die Mobilität dieses Ions und es kann den Protein-Stapel überholen.

Nach der Trennschicht bewegen sich die einzelnen Strukturen gleichmäßig abhängig von ihrer Ladung und Größe im Trenngel auf die Anode zu. Durch die unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten nehmen die Abstände der Strukturen mit zunehmender Laufstrecke zu. Da bei den Prozessen der Gelelektrophorese Wärme entsteht, wird die Auftrennung in gekühlten Apparaturen durchgeführt, sodass die Temperatur konstant bleibt und die Ergebnisse reproduzierbar und repräsentativ sind.

 

Ablauf Gelelektrophorese

Der eigentliche Ablauf der Gelelektrophorese beginnt damit, dass die zu untersuchenden Proben mit Mikroliterpipetten in Probeauftragstaschen an ein Ende der Elekrophoresekammer gegeben werden. Die Kammer ist zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem (vorbehandelten) Gel gefüllt. Anschließend wird die Kammer abgedeckt und eine Spannungsquelle so angelegt, dass sich die Probeauftragstaschen auf der Seite der Kathode befinden.

Wird die Spannungsquelle eingeschaltet, so wird der elektrische Strom durch die Ionen in der Pufferlösung durch das Gel zur Anode transportiert und startet somit die Wanderung der Moleküle von den Probeauftragstaschen durch das Gel. Kleine negativ geladene Moleküle wandern schnell zur gegenüberliegenden Anode, wohingegen größere Moleküle langsamer sind und es damit zu einer Auftrennung nach Größe und Masse kommt. Die Gelelektrophorese wird beendet, sobald die mobilsten Moleküle das gegenüberliegende Ende der Kammer, die Anode, erreicht haben.