
Stand: 16. März 2020, Bildnachweis:www.freepik.com
UKS-Infofilm zum neuartigen Coronavirus (10. März 2020)
Sehen Sie hier unseren aktuellen Info-Film zum neuartigen Coronavirus.
Vortrag zum neuartigen Corona-Virus und zur Erkrankung
![]() | Prof. Dr. Barbara Gärtner Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Bereich Krankenhaushygiene am UKS (Stand: 10.03.2020) | |
Allgemeines zum neuartigen Coronavirus und zur Erkrankung
Ich darf Sie ganz herzlichst begrüßen zu einer kleinen Vortragsreihe über das neue Corona-Virus mit der Erkrankung Covid-19. Sie haben sicher schon sehr, sehr viel gehört in den Medien und wir möchten Ihnen hier noch ein paar Dinge nahebringen, die einen direkten Bezug haben zu Ihrem Leben und teilweise auch zu Ihrer Arbeit hier am Klinikum.
Covid-19 ist eine Erkrankung, die seit kurzem einen Namen bekommen hat. Es ist im Wesentlichen eine respiratorische Erkrankung, eine Erkrankung der Atemwege. Im schlimmsten Fall führt es zu einer Lungenentzündung. Wir wissen leider immer noch nicht sehr viel über den Erreger und die Erkrankung. Wir lernen jeden Tag erheblich dazu und deswegen sind die Informationen, die Sie heute bekommen, und vielleicht in ein paar Tagen oder Wochen bekommen, dann möglicherweise auch andere. Wir können Ihnen jetzt hier nur den Wissensstand darstellen, den wir bis heute haben.
Infektion und Krankheitsverlauf
Die Erkrankung verläuft bei der Mehrheit der Menschen mit wenigen Symptomen oder mit sehr milden Symptomen, bei etwa 80 Prozent führt es überhaupt nicht zu einer schweren Erkrankung. In manchen Fällen kann es aber auch zu einer sehr schweren Erkrankung führen, die dann auch auf einer Intensivstation enden kann.
Die Erkrankung verläuft so, dass man sich zuerst infiziert, dann gibt es eine Inkubationszeit, die in der Regel eine Woche dauert, maximal etwa 14 Tage. Es werden immer wieder Einzelfälle berichtet, die aus diesem Schema fallen, aber im Wesentlichen kann man sich an diese Zeiten halten.
Infektiös (das Virus ausscheidend) sind Menschen aber bereits bevor sie erkranken. Insbesondere, weil manche Menschen überhaupt keine Symptome zeigen, gibt es immer wieder Infektionsketten, die man nachverfolgen muss, wo man nicht direkt erkennen kann, wer wen infiziert hat.
Die Erkrankung verläuft vor allem bei Kindern ausgesprochen mild. Kinder infizieren sich sehr wohl, aber sie erkranken kaum. Bei den älteren Menschen ist es anders, je älter die Menschen sind, desto höher ist die Rate der Erkrankungen und wenn jemand eine Vorerkrankung hat, verläuft die Erkrankung auch meistens schwerer. Es gibt aber auch jüngere Menschen und gesunde Menschen, die trotzdem schwer an Covid-19 erkranken können. Woran das liegt, wissen wir im Einzelnen nicht.
Phasen der Pandemie und Umgang mit Kontaktpersonen
Da wir uns aktuell in der 1. Phase befinden, möchte ich Ihnen diese 1. Phase etwas näher darstellen. Sie sehen in der Grafik in Rot den natürlichen Verlauf einer Epidemie, wenn man nichts unternimmt. Wir versuchen im Augenblick, Infektionsketten zu verhindern. Warum? Um diese Epidemie zu verlangsamen. Ziel ist es, dass wir diese Anzahl der Infizierten nicht in einer kurzen Zeit haben, sondern, dass sich diese streckt auf einen sehr langen Zeitraum. Es macht einen enormen Unterschied, ob in einer sehr kurzen Zeit sehr viele Erkrankte da sind oder ob sich diese Erkrankungen auf einen sehr langen Zeitraum strecken. Der Grund ist einfach der, dass einmal das Gesundheitswesen massiv belastet ist und im anderen Fall dies ein ganz normaler Vorgang ist. Deswegen ist die grüne Kurve hier in der Grafik besser zu handhaben als wenn jetzt alles zusammen kommt. Ziel dieser 1. Phase ist also rein die Verlangsamung der Epidemie.
Die Quarantäne ist ein schönes Beispiel, um zu zeigen, dass eine Maßnahme in einer Phase Sinn macht, in einer weiteren Phase nicht. Stellen Sie sich vor, wir sind in einer höheren Phase der Epidemie. Wenn man hier jetzt bei ein paar Patienten eine Quarantäne anordnen würde, würde das die Epidemie überhaupt gar nicht mehr tangieren, überhaupt nicht mehr beeinträchtigen. Aus diesem Grund macht es wirklich nur in der allerersten Phase Sinn.
In der 2. Phase geht es darum, Menschen zu identifizieren, die besonders schwer erkranken. Diese Erkrankten werden wir dann versuchen, speziell zu schützen. (Hinweis: Hierbei geht es um Menschen mit Vorerkrankungen, die besonders gefährdet sind, schwer am neuartigen Coronavirus zu erkranken.)
Und in der 3. Phase geht es darum, einfach alles, was im Medizinsystem ist, auf die Corona-Virus-Erkrankten zu konzentrieren, so dass diese Situation auch gut bewältigt werden kann.
Kontakt-Nachverfolgung
Wie funktioniert nun diese Kontakt-Nachverfolgung in der aktuellen 1. Phase? Wenn wir einen Patienten kennen, der Corona-Virus positiv ist, rekonstruieren wir mit dieser Person gemeinsam den Tagesablauf der letzten Tage vom Zeitpunkt der Infektion an. Im Wesentlichen involviert ist hier das Gesundheitsamt, das in dieser Situation auch den Hut auf hat. Anhand dieses Tagesablaufs werden dann die Kontaktpersonen ermittelt und dann entsprechend kontaktiert.
Diese Kontaktpersonen bekommen einen Abstrich und werden getestet. Normalerweise funktioniert es so, dass wir eine positive Person haben, und Kontaktpersonen dieser Person. Die Kontaktpersonen wie auch der bereits Infizierte kommen in Quarantäne. Der Infizierte bleibt solange in Quarantäne, bis mindestens zwei Abstriche negativ getestet wurden. Das kann einige Tage, manchmal aber auch einige Wochen dauern.
Wie geht es mit den Kontaktpersonen weiter? Die Kontaktpersonen bekommen direkt einen Abstrich gemacht, wenn der negativ ist, kommen sie trotzdem in eine Quarantäne für insgesamt 14 Tage ab dem Zeitpunkt des Kontaktes. Am Ende dieser Quarantäne erfolgt nochmal ein Test. Wenn der Test negativ ist, kam es nicht zu einer Infektion.
Eine sehr häufige Frage ist aber: Was ist, wenn ich Kontakt eines Kontaktes bin? In der Grafik sehen Sie dies als blauen Punkt dargestellt. Der Kontakt eines Kontaktes hat keinerlei Einschränkungen. Ein Kontakt eines bereits negativ getesteten Kontaktes oder noch nicht getesteten Kontaktes kann ganz normal seiner täglichen Arbeit nachgehen.
Hygienemaßnahmen im privaten Bereich, Reisen und Krankenbesuche
Sie fragen sich sicher, was Sie tun können, um eine Infektion bei sich in Ihrem ganz privaten Umfeld zu verhindern. Dort gibt es einige Hygieneregeln, die für Sie wichtig sein können. Zum einen sollten Sie sich möglichst häufig die Hände waschen. Dazu ist es überhaupt nicht notwendig, Desinfektionsmittel zu nehmen. Wasser und Seife reichen allermeistens aus, um Infektionen sehr gut verhindern zu können. Das ist in vielen Studien belegt.
Abstand halten
Zum anderen hilft es sehr, Abstand zu anderen Menschen zu halten. Corona-Viren werden über Tröpfchen-Infektion übertragen, und Tröpfchen machen normalerweise eine ballistische Kurve, sie fallen also wie ein Ball nach unten. Je größer die Tröpfchen sind, desto schneller fallen sie nach unten. Wenn sie sehr klein sind, können sie quasi weiter „reisen“. Im Allgemeinen schaffen Tröpfchen in etwa eine Distanz von 1, 80 Meter. Das entspricht ungefähr der doppelten Armlänge: Wenn Sie Ihren Arm ausstrecken und der Gegenüber auch, in dieser Distanz können die Tröpfchen gerade noch herumfliegen. Wenn Sie dann einen Schritt zurückgehen, sind Sie quasi immer auf der sicheren Seite.
Niesen oder husten in die Armbeuge
Bitte versuchen Sie auch Ihre Umwelt zu schützen, indem Sie selbst, wenn Sie niesen oder husten müssen, nicht in die Hand husten oder niesen, sondern in den Ellbogen. Damit können Sie verhindern, dass die Erreger auf die Hände übertragen werden und von dort auf andere Oberflächen.
Umgang mit Reisen
Eine wichtige Frage ist im Augenblick, wie geht man mit Massenveranstaltungen um, wie geht man mit Urlaubsreisen um? Im Augenblick würden wir von Urlaubsreisen tendenziell eher abraten, nicht unbedingt, weil Ihr Infektionsrisiko im Ausland sehr groß ist, sondern weil sehr viele Staaten eingreifende Maßnahmen beschlossen haben, die unvorhersehbar sind. In manchen Ländern bekommt man eine 14-tägige Quarantäne, wenn man aus Deutschland kommt, in anderen wird man in irgendwelchen Hotels in Quarantäne gesetzt, in dem Augenblick, wo irgendwo ein Corona-Fall auftritt.
Es gibt massive Reise-Einschränkungen, und das kann sich von jedem Tag auf den nächsten ändern. Manchmal hören auch Fluglinien auf, bestimmte Reise-Orte zu bedienen. Aus dem Grund empfehlen wir Ihnen, von Reisen aktuell abzusehen, weil diese Reisen in der Regel auch keinen wirklichen Spaß machen, wenn man dauernd in der Angst lebt, dass man möglicherweise nicht mehr nach Hause kommt.
Wie kann ich mich testen lassen? / Wann sollte ich mich testen lassen?
Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Sie möglicherweise mit Corona-Viren infiziert sein können und haben Angst, irgendwo die Infektion herbekommen zu haben. Wie geht es jetzt weiter? Wie kommen Sie an eine Testung? Das hängt damit zusammen, wo Sie die Infektion möglicherweise erworben haben. Wenn Sie einen direkten Kontakt hatten zu einer anderen Person, die bereits bestätigt Corona-Virus positiv ist, oder Sie haben kürzlich eine Reise unternommen in ein Land, in dem es sehr viele Corona-Viren gibt, beispielsweise China, Süd-Korea, bestimmte Regionen in Italien. Dann sollten Sie Ihren Hausarzt informieren, oder über die Rufbereitschaft des niedergelassenen Bereitschaftsdienstes 116 117 (die Telefonnummer ist allgemein bekannt) einen Termin suchen. Dann kommt ein Team und wird bei Ihnen zu Hause in der Regel einen Abstrich machen.
Gehören Sie nun nicht zu dieser Risikogruppe, Sie hatten also keinen direkten Kontakt mit Jemandem, der bereits Corona-Viren hat, oder Sie waren nicht auf einer Reise in dem Gebiet, dann erübrigt sich im Augenblick ein Test. Und zwar deswegen, weil wir klare Infektionsketten haben. Wenn wir heute jemanden mit Corona-Viren entdecken, dann können wir immer zurückverfolgen, an wem sich diese Person aktuell infiziert hat. Das bedeutet, wenn diese Kriterien nicht auf Sie zutreffen, im Augenblick für Sie auch kein Risiko existiert, und Sie deswegen auch keinen Test brauchen.
Die Phasen einer Epidemie können sich immer wieder ändern, und es kann gut sein, dass es in einiger Zeit anders ist. Aber aktuell gelten noch diese Regelungen: Nur wenn Sie in einem Risikogebiet waren, nur wenn Sie einen Kontakt zu einem bestätigt Corona-Virus positiven Menschen hatten, nur dann müssen Sie sich testen lassen.