Universitätsklinikum des Saarlandes und Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes
Info KJP-Verdacht 2019

Universitätsklinikum des Saarlandes klärt auf und informiert transparent – Maßnahmenkatalog des UKS


Das Universitätsklinikum des Saarlandes UKS in Homburg betreibt seit Sommer 2019 umfassende Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Missbrauchsverdachtsfälle. Der Katalog der Maßnahmen umfasst u.a. die umfängliche Information ehemaliger Patientinnen und Patienten bzw. deren Familien, Akteneinsichten und Gespräche, eine erneute Begutachtung von Akten aus der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie durch eine externe Gutachterin, die Etablierung eines neuen Schutzkonzeptes, eine externe Begutachtung der Vorwürfe im Bereich der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik sowie die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle.

 

„Die am UKS getroffenen Maßnahmen in der Aufarbeitung der Missbrauchsverdachtsfälle sind umfangreich“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Reith, damaliger Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums. „Wir möchten der Öffentlichkeit mit der folgenden Auflistung einen transparenten Überblick geben, was bisher umgesetzt wurde und welche Maßnahmen laufen bzw. aktuell anstehen“.

 

Das Universitätsklinikum geht in die Öffentlichkeit

Das UKS informiert über Verdachtsfälle sexuellen Missbrauches an Kindern und Jugendlichen aus einem zurückliegenden Zeitraum in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg. Es ging damals um den Vorwurf nicht notwendiger medizinischer Untersuchungen, die als Routinemaßnahmen dargestellt wurden. Der Beschuldigte wurde 2014 entlassen. Das auf Strafanzeige des UKS hin eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren konnte wegen des Todes des Beschuldigten 2016 nicht beendet werden, sondern musste eingestellt werden.

 

Prof. Reith, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg, wendet sich an die Öffentlichkeit, um über Verdachtsfälle sexuellen Missbrauches in der Ausscheidungsambulanz der  Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Homburg zu berichten und über Hilfsangebote für hiervon Betroffene zu informieren.


Zwischen 2010 und 2014 war dort ein Assistenzarzt beschäftigt, der vermutlich aus sexuellen Motiven heraus medizinisch nicht notwendige Untersuchungshandlungen vorgenommen hat. Diese wurden von ihm als Routineuntersuchungen dargestellt. Das Universitätsklinikum hat Ende 2014 gegen diesen Assistenzarzt Strafanzeige erstattet und sein Beschäftigungsverhältnis fristlos gekündigt. Im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen Assistenzarzt wurden über 30 Krankenakten beschlagnahmt. Da der beschuldigte Assistenzarzt 2016 verstorben ist, konnten die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn nicht abgeschlossen werden, sondern mussten eingestellt werden.

In der damaligen Situation entschieden die Staatsanwaltschaft und das Universitätsklinikum, möglicherweise betroffene Patientinnen und Patienten über den Verdacht nicht zu informieren. Für das UKS war dabei die Erwägung leitend, dass mit einer Information über evtl. nicht medizinisch notwendige Untersuchungshandlungen den Patientinnen und Patienten mehr geschadet als genutzt werde, wenn als normal empfundene Untersuchungen nachträglich in einem anderen Licht erscheinen. Die Ermittlungsbehörden waren, mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage, nicht befugt, die Eltern zu informieren.

Dieses Jahr wurden die Vorgänge einer erneuten Bewertung unterzogen. Hierbei wurde insbesondere der Frage nachgegangen, ob jedenfalls vom heutigen Standpunkt unter Wahrung des Kinder- und Opferschutzes eine Information der Betroffenen und auch der Öffentlichkeit erfolgen muss. Dem Rat von Professor Jörg M. Fegert, einem bundesweit anerkannten Experten folgend, hat das UKS sich dafür entschieden, sich nunmehr unmittelbar an den Patientenkreis und deren Eltern zu wenden, deren Akten beschlagnahmt worden waren. Außerdem sollen mit der Pressekonferenz und der hierdurch hergestellten Öffentlichkeit auch mögliche weitere Betroffene erreicht werden. Hierbei müssen Namen und Daten von Betroffenen zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte anonym bleiben.


Dem Universitätsklinikum ist bewusst, dass beide Maßnahmen Fragen auslösen werden sowie zur Verunsicherung beitragen können und auch Sorgen der Eltern bewirken werden. Das UKS sieht sich aber auch aus Gründen des Patientenwohls in der Verantwortung, aufklärend tätig zu werden. Es hat sich daher entschlossen, mit einem Bündel an Maßnahmen dieser Verantwortung gerecht zu werden.


Im Zusammenwirken mit der Rechtsaufsichtsbehörde wurde daher ein Konzept entwickelt, um der Informationspflicht in einer Weise nachzukommen, dass die Patienten und ihre Eltern nicht allein gelassen werden.


Mit einem Informationsschreiben an die bisher bekannten Patientinnen und Patienten und ihre Eltern über den bestehenden und strafrechtlich nicht geklärten Verdacht ist den Betroffenen ausdrücklich ein persönliches Gespräch mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Rechtsaufsichtsbehörde in Begleitung einer Psychologin oder eines Psychologen angeboten worden, damit Sorgen und Anliegen besprochen werden können. Ein solches Gespräch kann auch zu Hause oder an einem neutralen Ort geführt werden. Selbstverständlich besteht ebenso die Möglichkeit eines Gespräches mit Verantwortlichen des Uniklinikums. Dort haben die Betroffenen dann auch die Möglichkeit Einsicht in ihre Patientenakte zu nehmen.

Um sicher zu stellen, dass alle Betroffenen, deren Akten bei den Ermittlungen beschlagnahmt waren, vor der Pressekonferenz erreicht werden, wurde von psychologisch geschulten Fachkräften parallel zu dem Informationsschreiben versucht, mit ihnen telefonisch Kontakt aufzunehmen.


Für den ersten Kontakt steht in Absprache mit dem Weißen Ring eine Hotline von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr an sieben Tagen in der Woche zur Verfügung, Dorthin können Betroffene mit speziell geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sprechen, die weiterhelfen werden. Wird die Nummer des Weißen Rings angerufen, wird unter dem Stichwort „Universitätsklinikum Homburg“ der Gesprächswunsch sowie die Erreichbarkeit aufgenommen, damit nach Möglichkeit innerhalb von 48 Stunden ein Rückruf erfolgen kann. Auf diesem Wege kann dann entweder ein Termin für eines der genannten Gesprächsangebote vereinbart oder über die anderen Hilfsangebote informiert werden. Denn bei allen Aufklärungsbemühungen sollen in erster Linie die Interessen der Betroffenen im Vordergrund stehen. Uns ist es wichtig, dass diese sich nicht alleingelassen fühlen.

Entsprechend der Empfehlung des Sachverständigen ist außerdem die heutige Pressekonferenz anberaumt worden, um über die Vorgänge zu informieren und weiteren, möglicherweise Betroffenen ebenfalls Gelegenheit zu geben, Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls eigene Rechte (z.B. mögliche Rechtsansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz) wahrzunehmen.


Sowohl das Universitätsklinikum als auch das Land werden die damaligen Vorfälle umfassend aufklären. Alle Betroffenen dürfen aber versichert sein, dass keine Namen und Daten genannt werden, die Rückschlüsse auf ihre Identität zulassen.

Prof. Reith erklärte: „Das Universitätsklinikum bedauert die Vorfälle zutiefst. Wir erkennen unsere Verantwortung an und sehen uns als Institution in der Pflicht, daraus zu lernen.“

 

Hilfsangebote:

 

1. Hotline:Opfertelefon des Weißen Rings: 116 006

(kostenfrei, anonym,  7 Tage die Woche von 7 bis 22 Uhr erreichbar)

 

2. Schnellintervention Trauma-Ambulanzen

SHG-Klinik für Kinder und JugendpsychiatrieWaldstraße 40, 66271 Kleinblittersdorf

Tel.: 06805/928-20

 

Median Klinik MünchwiesTurmstr. 50-58, 66540 Neunkirchen

Tel.: 06858/691-209

 

Median Klinik BerusOrannastr. 55, 66802 Überherrn-Berus

Tel.: 06836/39555

 

3. Anwaltliche Beratung

Der Weiße Ring kann Beratungsschecks ausstellen, falls eine Erst - Beratung durch eine unabhängige Rechtsanwältin bzw. einen unabhängigen Rechtsanwalt gewünscht wird.

 

4. Gespräch mit Verantwortlichen des UKS

Die Betroffenen haben die Möglichkeit, mit Verantwortlichen des UKS zu sprechen. Ansprechpartner ist hier das Sekretariat des ärztlichen Direktors (Tel.: 06841 – 1624013) welches die Termine koordinieren wird. Hierbei besteht auch die Möglichkeit Einsicht in die eigene Patientenakte zu nehmen.

 

5. "Nele" Verein gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen e.V.

Dudweilerstraße 80

66111 Saarbrücken

Internet:www.nele-saarland.de

E-Mail: nele-sb@t-online.de

Tel.: 0681-32058 oder 0681-32043

 

6. „Phoenix“ Beratungsstelle der AWO gegen sexuelle Ausbeutung von Jungen

Dudweilerstr. 80

66111 Saarbrücken

Tel.: 0681 – 7619685

 

7. Deutscher Kinderschutzbund – Landesverband Saarland e.V. –

Im Allmet 22 , 66130 Saarbrücken

E-Mail: lossen @kinderschutzbund-saarland.de

Tel.: 0681 -  87 28 10

 

8. Beratungszentrum Kinderschutz

Karcherstraße 13

66111    Saarbrücken

Tel.: 0681 93652-75

 

 

Für alle Betroffenen steht selbstverständlich auch das Hilfetelefon des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) offen, das unter der Nummer 0800 22 55 530 zu erreichen ist. Auch hier hören seit Jahren erfahrene Fachkräfte aus den Bereichen Psychologie und Pädagogik zu und helfen weiter. Wir haben den UBSKM und das Team des Hilfetelefons im Vorfeld informiert. Die Inanspruchnahme des Hilfetelefons ist vollständig anonym möglich. Auch dort wird auf die vor Ort etablierten Hilfen, die oben dargestellt wurden bei Bedarf verwiesen werden.