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02.12.2019
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Verdachtsfälle zu Missbrauch in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKS – Gutachten zur weiteren Aufklärung

Professor Wolfgang Reith, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des UKS:
„Diese Pressemitteilung basiert komplett auf einer Zusammenfassung der Gutachterin selbst mit Ausnahme der Überschrift.“

 

Nachdem Vorwürfe laut geworden waren, dass es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie des Universitätsklinikums des Saarlandes zu sexuellen Übergriffen gegen Kinder gekommen sein könnte, wurde ein Gutachten bei Professorin Renate Schepker, Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Vorstandsmitglied der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft des Fachgebietes, in Auftrag gegeben. Die Verdachtsfälle im OP-Bereich der HNO-Klinik sind unabhängig davon zu betrachten, hier gab es keine Hinweise auf sexuelle Übergriffe.

Die Gutachterin untersuchte Ambulanzakten zu 34 Patienten aus den Jahren 2010 bis 2014, welche durch den damaligen Assistenzarzt behandelt wurden, bei dem rückblickend pädophile Neigungen wahrscheinlich sind. Sie glich die Untersuchungen und Behandlungsschritte mit damaligen und aktuellen Leitlinien und Literatur ab.

Die „Ausscheidungsambulanz“ für Kinder und Jugendliche ist eine hochspezialisierte Einrichtung mit einem hohen medizinischen Standard, der sich von einer kinderurologischen Ambulanz eines Universitätsklinikums nicht unterscheidet. Überwiegend wurden Jungen unter 12 Jahren mit einer langen Leidensgeschichte vorgestellt.

Die Gutachterin kam zur Erkenntnis, dass das Vorgehen des Arztes ganz überwiegend den damaligen Vorschriften entsprechend war.

Sie fand weiter, dass 13 % der von dem Assistenzarzt bei einem sehr strengen Begutachtungsmaßstab durchgeführten Untersuchungen nicht medizinisch begründet waren, dazu zählen z.B. Ultraschalluntersuchungen des Bauches, aber auch mehrfache Untersuchungen der Genitalien. Bei 6 Patienten kamen nicht begründete Untersuchungen gehäuft vor. Demgegenüber wurden Untersuchungen des Enddarms insgesamt eher selten durchgeführt, nur in einem Fall war eine solche Untersuchung nicht begründet. Zwei Kinder wurden weitgehend entkleidet fotografiert – jedoch bestand bei beiden eine medizinische Begründung.

Häufig habe der Assistenzarzt Vorhautverklebungen gelöst und behandelt, wobei dazu bei einigen Patienten eine akute Entzündung eine sofortige Behandlung erforderte, bei 7 Patienten

war das jedoch nicht der Fall. Allerdings, so die Gutachterin, dürfe Genitalhygiene in einer solchen Spezialambulanz auch nicht ausgeklammert oder tabuisiert werden.

In einigen Fällen hat der Assistenzarzt persönlich Einläufe verabreicht, was er bis auf 2 Notfallsituationen hätte dem Pflegepersonal überlassen können.

Zu den Vorgehensweisen bei den einzelnen Untersuchungen können Akten naturgemäß keine Aufschlüsse liefern.

Nach Überzeugung der Gutachterin waren nach Aktenlage keine sexuellen Übergriffe in der Ambulanz feststellbar, die über die Durchführung medizinisch nicht indizierter Untersuchungen bzw. Behandlungen hinausgingen.

Der Assistenzarzt hat allerdings dokumentiert, dass einige Kinder sehr gerne zu ihm kamen, er hat Geschenke für gute Mitarbeit verteilt und zwei der Patienten für den Judoverein geworben, in dem er als Trainer tätig war. Das letztere wertet die Gutachterin als Verletzung der Abstinenzpflicht.

An eine mündliche Anweisung, die Anwesenheit Dritter bei allen körperlichen Untersuchungen gegenzeichnen zu lassen, hat sich der Arzt fast 3 Monate lang ausnahmslos gehalten. Danach wurde nur noch bei zwei von drei Untersuchungen die Anwesenheit weiterer Personen verzeichnet, gleichzeitig wurden aber auch weniger Untersuchungen durchgeführt und diese weniger genau dokumentiert.

Ein von der Gutachterin empfohlenes „Kinderschutzkonzept“ hatte das Universitätsklinikum zwischenzeitlich bereits für alle Abteilungen eingeführt.